Mit Video-Umfrage - Griechen in Stuttgart halten ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone für unrealistisch. Viele fordern aber eine langfristige Lösung für die soziale Notlage in Griechenland.

Stuttgart - Zweieinhalb Wochen vor den Parlamentswahlen in Griechenland hängt im griechischen Café Moutas in der Innenstadt dicker Rauch in der Luft. Die Tür geht ständig auf und zu, denn sowohl Backwaren als auch der Tratsch und Klatsch hier scheinen beliebte Ware. Aber die Gäste an den kleinen Café-Tischchen lassen sich vom Trubel nicht ablenken und starren gebannt auf den Fernseher: Fußball ist wichtiger. Womöglich sogar wichtiger als die anstehenden Wahl in Griechenland. Viele griechisch-stämmige Stuttgarter im Café Moutas blicken ihr gelassen entgegen. Kommt der „Grexit“, das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, wirklich? Das glauben hier die wenigsten.

Der Hintergrund für die aktuelle Debatte um einen möglichen Ausstieg: Der „Spiegel“ berichtete in den vergangenen Tagen, dass in der Bundesregierung Szenarien erwogen würden, ob und wie Griechenland den Euro verlassen könnte. Anders als noch vor wenigen Monaten sehe Angela Merkel den Verbleib Griechenlands in der Eurozone als nicht mehr als „alternativlos“ an, so das Nachrichtenmagazin. Sollte Alexis Tsipras, Parteichef der radikallinken Partei Syriza, nach den Wahlen am 25. Januar neuer Regierungschef werden, auf einen Schuldenschnitt hinarbeiten und Reformen zurückdrehen, wäre der „Grexit“ laut Magazin „die nahezu unausweichliche Folge“.

Christina Machairidou aus dem Stadtbezirk Feuerbach sieht das anders. „Selbst wenn Alexis Tsipras an die Macht gelangt, glaube ich nicht, dass der Euro-Ausstieg folgt“, sagt die 30-jährige Studentin. „Tsipras ist zwar ein guter Redner, aber sein Parteiprogramm wird er nicht durchziehen.“

In Stuttgart leben aktuell 17 260 Menschen mit griechischem Wurzeln. 3480 von ihnen haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Die meisten griechisch-stämmigen Stuttgarter leben in Bad Canstatt, aktuell rund 3200. Sollte Griechenland tatsächlich aus dem Euro austreten, hätte das für die meisten Griechen in Stuttgart nur geringe Auswirkungen, glaubt Fußballtrainer Moutas Dimitrios aus dem Stadtteil Münster. „Man muss da klar zwischen den Griechen in Griechenland und denen hier unterscheiden. Die Griechen in Stuttgart hätten ja daheim immer noch ihren Euro“, sagt Dimitrios. Auch er zweifelt noch, ob der „Grexit“ wirklich kommt:     „Erstmal die Wahl abwarten und schauen, ob Syriza eine Koalition hinkriegt“, sagt er, „denn alleine schaffen die garantiert keine Mehrheit.“

Über eines sind sich alle im Café Moutas unabhängig von ihrer Einschätzung zum „Grexit“ einig: Die soziale Lage der Menschen in Griechenland müsse sich endlich bessern. „Das Land ist komplett ausgebrannt“, sagt Anna Ioannidou, Anwältin in der Innenstadt. „Mit dem neuen Medienrummel um den ‚Grexit’ fühle ich mich zurückversetzt zum Beginn der Krise. Angela Merkel soll endlich mit einer echten Europapolitik anfangen, statt nur auf ihr eigenes Land zu schauen. Es muss eine langfristige Lösung her.“