Blick ins Homag-Produktionswerk Schopfloch Foto: dpa

Unter dem neuen Eigentümer Dürr ergeben sich neue Wachstumschancen für Homag, den weltgrößten Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen – allen voran in China und den USA. Von den rund 5500 Homag-Mitarbeitern arbeiten 1500 am Stammsitz Schopfloch.

Schopfloch - Die Lupe vor dem Auge, die Kante fest im Blick, dann nimmt sich der Homag-Mitarbeiter die nächste Spanplatte vor und verfeinert die Einstellungen an der Maschine erneut. Die Prozedur kann Stunden dauern – und beginnt mit 160 Grad heißem Leim, dem Kantenband und der Spanplatte. Es gibt Dutzende Variationsmöglichkeiten, um die Ränder der Spanplatten zu beschichten. Abnehmer solcher Kantenanleimmaschinen, die Homag im Stammwerk Schopfloch herstellt, ist die Möbelindustrie. Auf den größten Kunden Ikea entfallen rund vier Prozent des Homag-Gesamtumsatzes.

Jährlich verlassen 600 bis 800 Maschinen die Fabrik. Der Gigant am Anfang der Halle, der einer überdimensionalen Strickmaschine ähnelt, ist beispielsweise für einen französischen Küchenhersteller bestimmt, der mit der Maschine zwischen 96 Kanten variieren kann; 200 sollen es werden. Gefertigt wird auf Kundenwunsch. Der Preis je Anlage kann zwischen 150 000 Euro und acht bis zehn Millionen Euro liegen. Von Schopfloch aus wird in alle Welt exportiert; der Exportanteil liegt über 80 Prozent. Das Werk mit rund 1500 Mitarbeitern ist die Wiege des Maschinenbauers, der mit einem Weltmarktanteil von 28 Prozent weltgrößter Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen ist. Zu den Kunden zählen auch Hersteller von Parkettböden oder Fertighäusern.

Seit vergangenem Jahr gehört Homag zum Lackieranlagenspezialisten Dürr (Bietigheim-Bissingen), der sich mit der Übernahme unabhängiger vom Automarkt machen will. Nach hohen Marktanteilsgewinnen sieht Dürr-Chef Ralf Dieter hier „gewisse Wachstumsgrenzen“. „Das hat uns motiviert, in Homag zu investieren“, ist er sich mit Finanzchef Ralph Heuwing einig. Ausnahme China: Hier kann Dieter trotz schwächeren Wirtschaftswachstums keine Ermüdungserscheinungen erkennen. Der Autoabsatz wachse kräftig weiter. „Wir haben den ersten Großauftrag aus China im Januar schon bekommen“, sagt er.

Der Einstieg bei Homag soll sich für beide Unternehmen auszahlen: Dürr-Finanzchef Heuwing, der mittlerweile auch Homag-Chef ist, sieht enorme Wachstumsmöglichkeiten für das Schopflocher Unternehmen – vor allem in China, wo Homag bereits 300 Mitarbeiter beschäftigt. „Wir wollen wenig komplexe Einstiegsmaschinen für den lokalen Markt entwickeln und lokalen Herstellern Paroli bieten“, sagt Heuwing. China gilt als einer der größten und am schnell wachsendsten Möbelmärkte. Über kurz oder lang könnte sich die Zahl der Homag-Mitarbeiter dort verdoppeln. Der Ausbau im Ausland soll allerdings nicht zu Lasten von Jobs im Inland gehen. Ein Stellenabbau sei nicht geplant, versichert Heuwing .

Wachstumschancen sieht er auch in den USA sowie im Ausbau des Servicegeschäfts, das bislang rund 17 Prozent zum Homag-Umsatz beisteuert. „Wir haben bei Dürr gesehen, wenn man das mehr in den Fokus nimmt, kommt mehr dabei raus“, sagt er. Auch die Rendite soll sich deutlich verbessern. Zwar schreibt Homag Gewinn, war aber mit einer Umsatzrendite von zuletzt 4,4 Prozent weniger profitabel als Dürr, dessen Umsatzrendite je nach Sparte zwischen 5,7 Prozent und elf Prozent liegt. Endgültige Zahlen liegen noch nicht vor. Ein Gutachten, das für die außerordentliche Hauptversammlung am 5. März erstellt wurde, schätzt den Homag-Umsatz 2014 auf 931 Millionen Euro und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 35,5 Millionen Euro.

Auch nach der Übernahme von Homag – Dürr hält 56 Prozent der Aktien und kommt auf 78 Prozent der Stimmrechte) – bleibt das Autogeschäft mit einem Umsatzanteil von zwei Dritteln wichtigster Umsatzbringer des Dürr-Konzerns.