Beim Abholen von Essen in Cafés, Restaurants und Imbissen fällt häufig sehr viel Verpackungsmüll an. Dabei ist es gerade in der Corona-Pandemie wichtig, die lokale Gastro zu unterstützen, findet unsere Autorin. Wie Take-Away-Essen müllfrei wird.
Stuttgart - Vor Kurzem habe ich mit einer Freundin Essen bei einem türkischen Restaurant in Stuttgart bestellt. Beim Abholen hat sich die Wirtin total über die Kundschaft gefreut. Und dann erzählt, dass es seit der zweiten Corona-Welle sehr viel schlechter läuft mit der Essens-Nachfrage als noch im vergangenen Frühjahr.
Ich habe mich dann ein bisschen ertappt gefühlt, weil ich selber auch nicht sehr häufig Essen bestelle. Obwohl es natürlich eine gute Sache ist, die lokale Gastro zu unterstützen. Der Aufruf #supportyourlocals begegnet einem ja seit dem Frühjahr vor allem in den sozialen Medien immer wieder. Ein Problem ist aber aus meiner Sicht der viele Verpackungsmüll, der durch Take-Away-Essen oder Lieferdienste oft anfällt. Wie lassen sich lokale Restaurants und Co. unterstützen, ohne dass dabei so viel Abfall entsteht?
Mehr Verpackungsmüll in der Corona-Pandemie
Pro Jahr fallen in Deutschland durch den Außer-Haus-Verkauf von Essen und Getränken mehr als 280 000 Tonnen Einweggeschirr und Verpackungen an. Das zumindest hat die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) im Auftrag des Naturschutzbundes (Nabu) für das Jahr 2017 erhoben. Auch interessant: Seit dem Jahr 1994 ist die Menge an Teller, Boxen oder Schalen für Essen „to go“ oder Sofortverzehr in der Gastronomie um 173 Prozent angewachsen.
In der Corona-Pandemie haben viele Gastro-Betriebe ihre „to go“-Angebote ausgeweitet. Solange Restaurants und Cafés oder Bars geschlossen haben, ist der Außer-Haus-Verkauf für sie natürlich eine wichtige Einnahmequelle. Das heißt aber auch: „Man kann davon ausgehen, dass der ‚to go‘-Verpackungsmüll im letzten Jahr durch die Corona-Krise noch einmal deutlich angestiegen ist“, sagt Thomas Fischer, Leiter des Bereichs Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Dabei sei es auch unter den gegebenen Umständen durchaus möglich, Essen oder Getränke in Mehrwegbehältern anzubieten.
Alternative I: Mehrweg-Pfandsysteme
Tatsächlich haben sich in vielen großen Städten inzwischen Pfandsysteme für Mehrweg-Kaffeebecher oder Essgeschirr etabliert. In Stuttgart bieten inzwischen knapp 40 Cafés, Restaurants oder Imbisse Mehrweg-Boxen von Recircle an, einem Startup aus Stuttgart-Feuerbach. Das Konzept: Für zusätzlich zehn Euro kann man sich eine Recircle-Box leihen – und nach der Nutzung in irgendeinem der teilnehmenden Lokale abgeben. Welche das genau sind, lässt sich auf einer Karte auf der Internetseite nachsehen.
Schon ab acht bis 16 Wiederverwendungen – je nach Material der Einwegverpackung – schneide eine solche Mehrwegbox laut Recircle besser ab als Einweggeschirr. Insgesamt könnten die Behälter demnach mindestens 150 Mal neu befüllt werden.
In vielen Cafés, Bäckereien und Bistros gibt es schon seit Längerem die wiederverwendbaren Recup-Pfandbecher für Getränke. Seit dem vergangenen Sommer gibt es das Pfandsystem der Firma aus München auch für Essens-Behälter, Rebowl genannt. Das Prinzip: Man bestellt sein Essen in der Rebowl, zahlt fünf Euro Pfand und kann die Schüssel samt Deckel bei allen Rebowl-Partnern deutschlandweit zurückgeben.
220 Ausgabestellen von Recup und Rebowl gebe es zusammengenommen bisher im Großraum Stuttgart, sagt eine Sprecherin der Firma. Auf den Internetseiten von Recup und Rebowl kann man auf einer Karte nachvollziehen, wo genau diese Ausgabestellen sind. Den Pfandbehälter für Take-Away-Essen gibt es in Stuttgart allerdings bisher nur in wenigen Betrieben.
Alternative II: Mit eigenen Behältern zum Lokal
Aber auch, wenn das eigene Lieblingsrestaurant noch nicht bei einem solchen „Mehrweg-System“ mitmacht, gibt es Alternativen zu Einwegverpackungen. Meine Kollegin Lena Hummel hat vor Kurzem recherchiert, dass manche Gastro-Betriebe in Stuttgart auch ein eigenes Pfandsystem haben oder mitgebrachte Behälter annehmen (den Text verlinke ich unten). Ich selber habe auch die Erfahrung gemacht, dass viele Restaurants das Essen in mitgebrachte Boxen abfüllen. Es lohnt sich also, vor der Bestellung am Telefon nachzufragen, ob das geht.
Möglich beziehungsweise erlaubt ist das jedenfalls – auch in der Corona-Pandemie. „Gegen die Idee selbst mitgebrachter Essensbehälter ist im Prinzip nichts einzuwenden“, sagt Daniel Ohl, Sprecher vom Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg. Solange die „Grundsätze einer guten Hygienepraxis berücksichtigt werden.“ Die Behälter, die Kundinnen oder Kunden mitbringen, sollten etwa nicht „durch den Betrieb reisen und auch nicht ohne Unterlage auf Arbeitsflächen abgestellt werden“, sagt Ohl. Grundsätzlich sehe man Mehrweglösungen und umweltschonende Alternativen zu Einwegplastik positiv.
Im Jahr 2023 kommt eine Art Mehrweg-Pflicht
Auf Initiative von Bundesumweltministerin Svenja Schulze hin soll ab 2023 eine Art Mehrwegpflicht für Betriebe gelten, die Kaffee oder Essen außer Haus verkaufen. Wer Speisen „to go“ in Einwegverpackungen aus Plastik vertreibe, muss dann ohne Aufpreis auch eine Mehrwegverpackung anbieten. Am vergangenen Mittwoch wurde eine entsprechende Änderung des Verpackungsgesetztes vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht. Aber: Von der Pflicht ausgenommen sind laut Bundesumweltministerium zum Beispiel Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske, in denen insgesamt fünf Beschäftigte oder weniger arbeiten – und die eine Ladenfläche von weniger als 80 Quadratmetern haben.
Die Dehoga im Land sieht das kritisch, kostenträchtige Verbote und Auflagen kämen vor dem Hintergrund der massiven wirtschaftlichen Betroffenheit der Gastronomie zur Unzeit. „Das verpflichtende Vorhalten von Mehrwegbehältnissen inklusive Rücknahme, Logistik, Pfand, Reinigung usw. würde für viele Unternehmen Mehrkosten bedeuten“, sagt Daniel Ohl. Daher solle es der freiwilligen Entscheidung der Betriebe überlassen bleiben.
Manchen geht die neue Regelung nicht weit genug
Thomas Fischer von der Umwelthilfe dagegen geht die Gesetzesnovelle noch nicht weit genug, er sieht darin Schwächen. Vor allem, weil offenbleibe, wie hoch der Anteil an Mehrwegbehältern im Verhältnis zu den ebenfalls weiterhin angebotenen Einwegverpackungen sei: „Es müsste eine verbindliche Mehrweg-Quote angeboten werden“, sagt er.
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher würden das Angebot sonst nicht nutzen, vielleicht nicht einmal darauf hingewiesen werden. Zudem findet Fischer, dass die Mehrweg-Alternative auch günstiger sein müsse als die Variante mit der Einweg-Verpackung.
Bis die Mehrweg-Pflicht für Essen und Getränke „to go“ kommt, ist es sowieso noch eine ganze Weile hin. Es kann deshalb sicher nicht schaden, schon jetzt verschiedene Alternativen auszuprobieren - und so die Gastro in der Gegend zu unterstützen, ohne große Müllberge zu produzieren.
Hanna Spanhel wartet ungerne darauf, bis Politik oder Wirtschaft mehr für den Klimaschutz tun, sondern denkt darüber nach, was jede und jeder selbst tun kann. Die Redakteurin kümmert sich ansonsten um die Wissens-Seiten dieser Zeitung.