Katrin Bauerfeind wartet noch immer auf einen Platz im Ersten. Foto: WDR

Seit ihrem Durchbruch im Internet tingelt Katrin Bauerfeind als Geheimtipp mit Niveau durch die TV-Nischen. Das macht sie ab heute auch in „Die Show zur Frau“ auf One. Aber sie macht es eben echt gut.

Stuttgart - Analogien aus der Nutztierwelt sind – wie der gute alte Ausdruck Sauerei – oft relativ schlüssig. Warum das begehrte Schlachtvieh aber auch noch als Glücksschwein für menschliche Fortune herhält und warum dessen halbwüchsiges Ferkel Zügellosigkeit symbolisiert, ist ebenso seltsam wie die sprichwörtliche Rampensau. Angesichts all der Männer, die erst auf größtmöglicher Bühne zur vollen Pracht schwellen, müsste es eigentlich Rampeneber heißen – gäbe es nicht weibliche Ausnahmen vom männlichen Ego-Wuchs: Barbara Schöneberger, Katrin Bauerfeind, Carolin Kebekus.

Während die erstere allerdings jede Showbühne schlagfertig okkupieren und die letztere zumindest nachts ihren „Pussy Terror“ verbreiten darf, ist die mittlere – tja, wann noch mal zu sehen? Ab heute zumindest in der so genannten zweiten Primetime: Um 21.45 Uhr moderiert Katrin Bauerfeind „Die Show zur Frau“, ein Talk-Magazin mit Gästen ihrer Wahl zu Themen von Alter über Angst bis Manieren.

Auf der Resterampe

Endlich, könnte man da ausrufen. Endlich ein fester Sendeplatz im Regelprogramm. Und das sogar im Lieblingsbiotop der redseligen Schwäbin: Heiteres Plaudern mit Niveau und Haltung. Dummerweise laufen die zwölf Sendungen mittwochs auf der ARD-Resterampe One, also unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Mainstreams.

„Da die Show was Neues ist“, entschuldigt die Moderatorin mit ihrer lustig zerkratzten Stimme, „fände ich es vermessen, damit direkt im Ziel starten zu wollen“, also am Hauptabend der Hauptsender. Wer den Werdegang der Mittdreißigerin betrachtet, könnte sich aber auch fragen: Warum ist das Ziel nach 14 Jahren am Bildschirm noch nicht mal in Sichtweite?

Geistreich und bissig

Die Antwort stimmt hoffnungsfroh und resigniert zugleich: Schließlich kann sie fast alles, lässt sich aber weder hetzen noch verheizen. Als die angehende Technikjournalistin aus Aalen vorm Diplom in das 2005 wirklich noch neue Medium Internet stolpert, wird sie zügig zur neuen Hoffnung des alten Fernsehens erklärt. Als geistreich bissiges, eigenwillig schönes Gesicht des preisgekrönten Online-Magazins „Ehrensenf“ seziert sie die multimediale Selbstinszenierung des Zeitgeistes mit einem Witz, der an den frühen Gottschalk erinnert und damit gleich drei TV-Epochen versöhnt.

Es geht dann auch alles recht schnell: 2007 wechselt Bauerfeind von der digitalen in die lineare Unterhaltung. Kaum 25, macht sie Reisereportagen auf 3 Sat, Kulturmagazine beim RBB und Einspielfilmchen für Harald Schmidt. Sie moderiert Festakte von Berlinale bis Nannen-Preis, spielt Nebenrollen in Film und Fernsehen, assistiert Prominenten und wuselt sich Trippelschritt für Trippelschritt dahin vor, wo heute auch Jan Böhmermann brilliert: eine Handvoll Intendanten-Courage vom Millionenpublikum entfernt. Dort warten sie nun beide. Und warten. Und warten.

Die gläserne Decke

Etwa darauf, dass irgendein Verantwortlicher sieht, was das Metier an dieser Frau hätte. Sie könnte das Alphatier einer ewig jungen Nachwuchsgeneration feminin-burschikoser Entertainerinnen von Charlotte Roche bis Sarah Kuttner sein, die so lange wuchtig, aber nie wütend gegen gläserne Decken männlicher Machtapparate prallen, bis sie in den abseitigen Salons der Unterhaltungsindustrie landen und nebenbei frauenaffine Bestseller und Podcasts publizieren. Bei Katrin von der Ostalb heißen die dann „Geschichten, die Männern nie passieren würden“ oder „Frau Bauerfeind hat Fragen“ und vereinen kultivierte Gefälligkeit heiter mit Feminismus und klarer Kante.

Auch deshalb bespricht sie das soziokulturell relevante Thema Verschwörungstheorien zum Auftakt ihrer One-Show mit drei Männern, darunter der abgehalfterte Brachialkomiker Oli Pocher. Erwartbarkeit, erklärt sie, sei halt „langweilig und ermüdend“. Doch weil das Publikum ganz gern gelangweilt Richtung Müdigkeit döst, dürfte Katrin Bauerfeind bis ans Karriereende auf die große Bühne warten. Sie lacht irgendwie zwischen hoffnungsfroh und resigniert: „Ich bin erreichbar!“