Das Foto zeigt Brustkrebszellen unter einem Mikroskop des Deutschen Krebsforschungszentrums, der größten biomedizinischen Forschungseinrichtung in Deutschland (DKFZ) Foto: dpa

Zwei Drittel aller Karzinome entstehen eher zufällig durch Fehler bei der Zellteilung. Das Krebsrisiko eines Menschen hängt bei manchen Arten also stark vom Zufall ab.

Stuttgart - „Es tut mir leid Ihnen sagen zu müssen, aber Sie haben . . . Krebs.“ Wer bei einem ganz normalen Arztbesuch mit einer der Diagnose Krebs konfrontiert wird, ist schockiert. Warum gerade ich? Habe ich zu viel geraucht, mich ungesund ernährt, zu wenig bewegt, zu viel Stress gehabt? Welchen Einfluss haben Lebensstil, Umwelteinflüsse und Gene tatsächlich auf die Entstehung bösartiger Tumore?

Zwei renommierte Forscher der John Hopkins Universität in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) haben jetzt bestätigt, was schon lange vermutet wurde: Das Krebsrisiko eines Menschen hängt stark vom Zufall ab. Wer ein Tumor bekommt, hat oft einfach nur Pech gehabt, erklären der Krebsforscher Bert Vogelstein und sein Kollege, der Biostatistiker Cristian Tomasetti.

Die beiden Wissenschaftler haben für ihre Studie insgesamt 31 Krebsarten an verschiedenen Gewebetypen untersucht. Lediglich für neun Krebsarten (wie Haut- oder Lungenkrebs) sei der individuelle Lebensstil ausschlaggebend gewesen, bei den übrigen 22 (Karzinome der Bauchspeicheldrüse oder des Dünndarms) spielten Gene und Umweltfaktoren eine eher untergeordnete Rolle, so das Ergebnis.

Zellteilungen können zu bedrohlichen Fehlern im Erbgut führen

Anders ausgedrückt: Zwei Drittel aller Tumore sind die Folge zufälliger, von außen nicht zu beeinflussender Teilungen im Erbgut. Je häufiger sich Stammzellen teilen, desto höher ist das Krebsrisiko. Manche Gewebetypen würden mehrere Tausend Mal eher an Krebs erkranken als andere: So liegt das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken bei 6,9 Prozent, für einen Tumor am Kehlkopfknorpel aber nur bei 0,00072 Prozent.

Bei jeder Zellteilung wird das Erbgut kopiert. Dabei können sich fatale Fehler einschleichen. Zwar werden die Mutationen in der Regel vom Organismus repariert, doch schon kleinste genetische Abweichungen können sich mit der Zeit zu einem schwerwiegenden Problem summieren. Solche simplen Kopierfehler „scheinen“ der „Hauptgrund für Krebs Menschen zu sein“, schreiben die Forscher.

Wer raucht, ist selber schuld

So bahnbrechend die Untersuchung auch ist, daraus nun den Schluss zu ziehen, dass man Krebs ganz dem Zufall überlassen kann, wäre lebensgefährlich. Gerade bei häufig auftretenden Erkrankungen der Lunge, des Dickdarms oder der Haut spielt die richtige Lebensweise eine zentrale Rolle. Das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) erwartet für das Jahr 2014 insgesamt 500 900 Neuerkrankungen an Krebs – 23 600 mehr als 2010. Wer also wie ein Schlot raucht, kann mit fast tödlicher Sicherheit davon ausgehen, dass er an den Folgen seines Nikotinkonsums sterben wird.