Macit Karaahmetoglu vertritt die Interessen der Angehörigen von Tugce A. Foto: dpa

Rechtsanwalt Macit Karaahmetoglu aus Ditzingen vertritt die Interessen der Familie der nach einem gewalttätigen Angriff verstorbenen Tugce. Er glaubt, dass der mutmaßliche Täter nach dem Jugendstrafrecht behandelt wird.

Stuttgart – - Herr Karaahmetoglu, Sie vertreten die Interessen der Familie von Tugce A., die einen Streit in einem Schnellimbiss schlichten wollte und dafür mit dem Leben bezahlt hat. Sind Sie nervös?
Nein, ich habe vergangenes Jahr einen Bundestagswahlkampf gemacht und war 2011 im Schattenkabinett der SPD als Integrationsminister vorgesehen. Ich kann mit Druck umgehen.
Druck fühlen Sie also. . .
Natürlich, emotional ist es unglaublich, was da passiert ist. Da ist eine junge Frau für nichts gestorben. Die Eltern haben ihr Kind verloren. Wenn der Vorfall nur ein bisschen anders abgelaufen wäre, könnte Tugce womöglich noch leben. Gerade heute hat mir einer ihrer Brüder wieder gesagt, wie sehr er sie geliebt hat. Das zerreißt einem das Herz.
Wie können Sie den Eltern helfen?
Zunächst mal will ich ihnen als Mensch zur Seite stehen, sie über den Lauf der Dinge aufklären. Da geht es darum, die Situation zu managen. Ich verbringe gerade viel Zeit bei der Familie in Hessen.
Viele Menschen hoffen auch, dass Sie Tugce ein Stück weit Gerechtigkeit verschaffen, etwa, indem der mutmaßliche Täter möglichst hart bestraft wird.
Zunächst mal vertrete ich als Nebenkläger strafrechtlich die Mutter, und mein Kollege Alexander Freiherr von Malsen-Waldkirch den Vater. Ich kümmere mich außerdem um persönliche Sachen und alle Medienthemen. Das Problem ist weniger die rechtliche Beurteilung, sondern die Aufklärung des Sachverhalts. Wobei das Überwachungsvideo aus der Garage ziemlich deutlich zeigt, wie der Tatverdächtige außer Rand und Band dagiert. Dass er es war, ist eigentlich klar.
Was erwartet den Tatverdächtigen?
Da er gerade erst 18 geworden war, gehe ich davon aus, dass das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt. Da ist von Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren alles möglich. Die Strafe sollte möglichst streng sein, doch aus Sicht der Eltern kann die Strafe für so etwas gar nicht weit genug gehen. Die junge Frau wird schließlich nicht mehr lebendig.
Was denken Sie, warum sich Tugce in die Auseinandersetzung zweier Mädchen mit den jungen Männern eingemischt hat?
Sie hatte eine ausgeprägte soziale Ader. Erst kürzlich hatte sie einer betagten Frau in Gelnhausen geholfen, die mit dem Fahrrad gestürzt war und sich blutende Wunden zugezogen hatte. Tugce begleitete die Frau bis nach Hause, und bekam später auch einen Dankesbrief von dieser.
Wie kommt eigentlich ein Anwalt aus Ditzingen an so prominenten Fall aus dem hessischen Offenbach?
Die Familie ist kurz nach dem Geschehen am 15. November auf mich zugekommen. Ich bin in türkischen Kreisen bekannt durch meine jahrelange Kolumnistentätigkeit zu Rechtsfragen in der deutschen Ausgabe der Tageszeitung „Hürriyet“ und wurde der Familie von empfohlen. Deshalb haben sie auch keinen der vielen Anwälte genommen, die sich angeboten hatten.
Geht es Ihnen bei dem Fall auch um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit?
Ich hätte ihn auch angenommen, wenn er nicht so sehr von der Öffentlichkeit wahrgenommen würde. Ich bin Fällen nie nachgelaufen, zum Beispiel auch nicht bei den NSU-Morden.
Hatten Sie schon einmal ein ähnlich prominentes Mandat?
So stark hat noch keiner meiner Fälle die Öffentlichkeit bewegt.
Worum geht es üblicherweise?
Meine Kanzlei in Ditzingen gibt es seit 17 Jahren, wir haben zwölf Anwälte für alle möglichen Gebiete vom Strafrecht bis zum Sozialrecht. Da finden sich Themen und Klienten quer durch die Gesellschaft.
Zumindest im Kreis Ludwigsburg kennt man Sie bereits von SPD-Wahlplakaten für die Bundestagswahl 2013. War das ein Ausflug in die Politik?
Ich bin schon lange politisch engagiert und bleibe es auch. Ich bin stellvertretender Kreisvorsitzender der SPD und Ortsvorsitzender in Ditzingen. Wenn ich eines Tages in den Bundestag nachrücken dürfte, wäre ich bereit dafür.
Sie sind auch Vorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes. Woher rührt Ihr Engagement?
Ich bin mit elf Jahren nach Deutschland gekommen, zunächst auf die Hauptschule. Weil mich meine sozialdemokratisch geprägten Lehrer gefördert haben, konnte ich die Mittlere Reife und dann das Abitur machen und dank Bafög auch noch Jura studieren. Für all dies will ich mich auch einsetzen.