Stephen Bannon galt als einflussreichste Figur in der Regierung Trump. Foto: AFP

Als zweitwichtigsten Mann der Welt bezeichneten Medien Stephen Bannon noch vor Kurzem – nun gilt der Ex-Berater Donald Trumps als Persona non grata. Der US-Präsident soll persönlich darauf hingewirkt haben, dass Bannon seinen Job verliert.

Washington - Immerhin: Um den Zaun muss er sich nun nicht mehr kümmern. Rund um das zweigeschossige Wohnhaus im Washingtoner Stadtteil Capitol Hill, hinter dessen schicker, gutbürgerlicher Ziegelsteinfassade sich die Zentrale der ultrarechten Propagandaseite „Breitbart“ verbirgt, wollte Stephen Bannon ein meterhohes Metallgitter aufstellen lassen. Doch die Nachbarn und die Denkmalschutzbehörde stellten sich quer. Nun räumt Bannon seine Wohnung im Obergeschoss des Hauses. „Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben“, erklärte er am Dienstag.

Die Trennung des rechtsnationalistischen Vordenkers von seinem Arbeitgeber erfolgt nicht freiwillig, und sie markiert den vorläufigen Tiefpunkt in der Karriere des Mannes, dem das „Time“-Magazin noch vor elf Monaten eine Titelgeschichte mit der Schlagzeile „Der große Manipulator“ widmete und ihn als zweitmächtigsten Mann der Welt bezeichnete. Seit 2012 hatte Bannon die „Breitbart“-Webseite zum gnadenlosen Sturmgeschütz der Trump-Bewegung aufgebaut, das gegen Einwanderer, China, den Klimaschutz und die etablierte republikanische Partei feuert. Von August 2016 an leitete er den Wahlkampf von Donald Trump und wurde dessen Chefstratege in der Regierung. Nach dem Abschied aus dem Weißen Haus kehrte er zu „Breitbart“ zurück und betätigte sich nebenbei als Königsmacher für ultrarechte Kongresskandidaten. „Im Weißen Haus hatte ich Einfluss, bei ,Breitbart‘ habe ich Macht“, soll er einmal gesagt haben.

Auch der rechte Fernsehsender Fox erteilt Bannon eine Absage

Der 64-Jährige, der stets demonstrativ ungekämmt im Straßenkämpfer-Outfit mit speckiger Allwetterjacke auftritt, war fest entschlossen, den rassistisch eingefärbten Aufstand gegen die etablierte Politik voranzutreiben. Mit der stillen Duldung oder gar Sympathie Trumps schürte Bannon das Feuer an der konservativen Wählerbasis. Und nun: aus, vorbei. Am Mittwoch beendete auch der Radiosender Sirius XM, bei dem Bannon eine Politsendung verantwortete, die Zusammenarbeit. Der rechte Fernsehsender Fox winkte ab: kein Interesse an einer Zusammenarbeit.

Donald Trump hat seinem einstigen Einflüsterer eindrucksvoll gezeigt, wer den größeren Knopf hat. Ein Gespräch mit Rebekah Mercer, der Tochter des Hedge-Fonds-Milliardärs Robert Mercer, genügte, um „Schmuddel-Steve“, wie der Präsident seinen Vertrauten neuerdings schimpft, den Geldhahn zuzudrehen. Der Mercer-Clan ist Minderheitsgesellschafter bei Breitbart. Er erklärte den einstigen Chefideologen zur Persona non grata.

Noch im Oktober hatte Bannon, durch eine Sushi-Diät um neun Kilo erleichtert, dem Enthüllungsbuch-Autor Michael Wolff in der „Breitbart“-Zentrale selbstbewusst erklärt, notfalls müsse er den Trumpismus als Anti-Establishment-Bewegung auch vor Trump schützen. Doch das 330-seitige Buch, das Wolff dann verfasste, feuerte ungewollt in die andere Richtung. Niemand zweifelt daran, dass es Bannon war, der dem für seine reißerischen Zuspitzungen und zweifelhaften Recherchemethoden bekannten Wolff den Zugang zum Weißen Haus ermöglichte und ihn mit einer Menge von Indiskretionen versorgte.

„Er hat es nicht mehr drauf“

Offensichtlich wollte Bannon mithilfe des Buches seine Erzfeinde Ivanka Trump und Jared Kushner politisch kaltstellen und viele andere Berater des Präsidenten bloßstellen. Mutmaßlich wollte er seinem einstigen Chef Trump auch zeigen, dass mit ihm noch zu rechnen sei. Etwa zur gleichen Zeit profilierte sich Bannon nämlich als Förderer ultrarechter Senatskandidaten, die dem Establishment der Republikaner in Washington Feuer machen sollten. So warb er vehement für den Fundamentalisten und mutmaßlichen Kinderschänder Roy Moore in Alabama.

Doch beide Operationen misslangen, und Trump nahm dies offensichtlich persönlich. In Alabama verlor Bannons Kandidat Moore den Senatssitz. Und ein Buchzitat, in dem Bannon den Trump-Sohn Donald jr. als Verräter bezeichnete, verletzte die Familienehre. Wie der Patron in einem Mafiafilm erklärte Trump seinen einstmals wichtigsten Berater zunächst für verrückt, ließ ihn dann von einem Schergen im Fernsehen verleumden und drängte die Geldgeber zum Rückzug. „Er wird es nicht schaffen. Er hat es nicht mehr drauf“, urteilt Bannon in „Fire and Fury“ über Trump. Deswegen müsse man außerhalb der Regierung den Trumpismus vorantreiben. „Es wird wild wie Scheiße“, sagt der einstige Harvard-Absolvent voraus. Zumindest damit hat er recht behalten.