Der Streit um die Kinder füllt oft Aktenordner und landet vor Gericht Foto: dpa

Geht eine Beziehung in die Brüche, folgt oft der Streit um die Kinder. Betroffene aus der Region klagen, dass die Väter nach wie vor benachteiligt seien – und warten mit einem ungewöhnlichen Vorschlag auf.

Stuttgart - Die Frage ist meist schwer zu beantworten: Wer hat Schuld, wenn eine Beziehung zerbricht? Und wer soll die Kinder bekommen? Zuletzt hat sich politisch einiges zugunsten der Väter gedreht. In der Praxis allerdings, klagen viele von ihnen, habe das nach wie vor keine Auswirkungen. Experten bestätigen, dass viele Jugendämter und Familiengerichte schlicht mit der komplizierten Thematik überfordert seien.

 

In einer Wohnung im Raum Böblingen sitzt ein Mann am Esstisch und schüttelt immer wieder verzweifelt den Kopf. „Als Vater hat man keine Rechte, für Jugendämter und Gerichte existiert man einfach nicht“, sagt er. In das Haus ist er mit seiner neuen Lebensgefährtin gezogen, weil es einen Garten hat. Dort hätten seine Kinder aus der früheren Beziehung Platz zum Spielen haben sollen. Doch daraus wurde nichts.

Denn seine Ex-Partnerin hat ihn beschuldigt, die Kleinen sexuell missbraucht zu haben. Das Gerücht wurde übers Internet gestreut. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden zwar eingestellt, Anhaltspunkte für einen Verdacht gab es keine, doch seither sieht er den Nachwuchs nicht mehr. Zwar zahlt er Unterhalt und dürfte die Kinder alle zwei Wochen zu sich holen, doch die frühere Partnerin verhindert die Besuche. Bereits mehrfach sei sie mit dem Nachwuchs ohne sein Wissen im Ausland gewesen, klagt der Mann. Einmal waren die Kleinen sogar vorübergehend in einer Pflegefamilie untergebracht. „Und das ohne dass ich, der Vater, etwas davon gewusst habe“, klagt der Mann und sagt: „Ich will doch nur mein Recht.“

Der Streit zieht sich inzwischen über Jahre. Seither hat der Vater seine Kinder nicht mehr gesehen. Gerichte, Staatsanwaltschaften, Gutachter und Jugendämter in der halben Region sind involviert. Getan hat sich nichts. Bis vor einigen Monaten. Da hat die Mutter das alleinige Sorgerecht beantragt – und vom Gericht zugesprochen bekommen. Die Begründung: Die Kinder hätten ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Und: „Das Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern ist nachhaltig gestört. Eine Vater-Kind-Beziehung gibt es nicht.“

Johannes Fels lebt ebenfalls von seiner früheren Frau und seinen Kindern getrennt. Beide haben das gemeinsame Sorgerecht. „Die Gerichte sind stark in ihrer Ideologie verankert, dass die Mutter das personifizierte Kindswohl ist“, sagt er. Er hält das für einen Fehler, denn entscheidend sei, welches Elternteil nach einer Trennung weiterhin den Zugang zu Vater und Mutter gewähre. „Kinder brauchen beide“, ist er überzeugt. Das entspreche auch viel mehr der heutigen Realität, denn immer häufiger übernähmen die Väter einen guten Teil der Erziehung. „Viele Richter machen sich da gar keine Gedanken“, sagt Fels.

Er will „diesen systematischen Fehler“ nicht so stehen lassen – und wirbt für einen ungewöhnlichen Vorschlag: „Derzeit sehe ich nur die Chance, durch eine Quote eine Verbesserung zu bekommen.“ In Gesprächen mit Politikern, anderen Vätern und auf einer Internetseite wirbt er dafür, dass die Quote der alleinerziehenden Väter und Mütter in Deutschland bei jeweils mindestens 30 Prozent liegen sollte.

Laut eigener Aussage erhält Fels für diese Quotenforderung, die recht willkürlich festgelegt ist, von Betroffenen viel Zuspruch. In der Politik ist das nicht so. „Da wird der Vorschlag zum Teil zur Kenntnis genommen, zum Teil gibt es massive Widerstände.“ Aufgeben will er dennoch nicht. „Mir hat mal ein Familienrichter gesagt, dass es noch 30 Jahre dauern wird, bis Väter dieselben Rechte haben wie die Mütter“, so Fels. „Bis dahin zu warten, ist mir aber zu lang.“

Auch der Mann aus dem Raum Böblingen will die Geschichte nicht aussitzen. „Meine Familie hat mir empfohlen, abzuwarten, bis meine Kinder groß sind und von alleine zu mir kommen“, sagt er. „Aber das kann ich nicht. Ich will sie beschützen, solange sie klein sind.“ Er hofft, dass er das irgendwann doch noch schafft. Und sagt: „So sehr es mich innerlich zerreißt – ich will auch anderen Mut machen, nicht aufzugeben.“

Hintergrund

Sorgerecht

Etwa 200 000 Kinder sind in Deutschland jedes Jahr von der Trennung der Eltern betroffen. Obwohl nach Scheidungen das Sorgerecht oft zu gleichen Teilen ausgeübt wird, leben die Kinder laut Experten in 90 Prozent der Fälle bei der Mutter.

In den vergangenen Jahren kämpfen immer mehr Väter um eine größere Rolle bei der Erziehung ihrer Kinder nach einer Trennung. Väter-Vereine und Juristen beklagen, dass Gerichte und Jugendämter häufig im Sinne der Mütter entscheiden.

Im April 2013 hat sich zumindest für nicht verheiratete Väter die Situation etwas verbessert. Durch das „Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern“ können solche Väter nach einer Trennung jetzt zumindest ein gemeinsames Sorgerecht einklagen.