Bundeskanzler Olaf Scholz betont, dass Israel das uneingeschränkte Recht auf Selbstverteidigung hat. Foto: AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Europas Staats- und Regierungschefs beraten über Hilfe für die Region. Sie betonen Israels Recht auf Selbstverteidigung. Die müsse aber im Einklang mit internationalem Recht erfolgen.

Die EU ringt bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel um eine gemeinsame Haltung zum Krieg im Nahen Osten. Die Staats- und Regierungschefs erklärten am Donnerstag, dass ein schneller, sicherer und ungehinderter humanitärer Zugang zum Gazastreifen eingerichtet werden müsse. Dazu müssten humanitäre Korridore vereinbart und Feuerpausen ausgehandelt werden. Alle Teilnehmer des Gipfels äußerten sich besorgt über die humanitäre Lage in Gaza. Ratspräsident Charles Michel betonte am Rand des Gipfels erneut Israels Recht auf Selbstverteidigung, erklärte aber, dass alle militärischen Aktionen „im Einklang mit dem internationalen Recht“ geschehen müssten.

Streit um den Begriff humanitäre Pausen

Vor dem Brüsseler Gipfel hatte es Streit darüber gegeben, wie die Unterbrechungen der Kampfhandlungen zur humanitären Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen genannt werden sollen. Ratspräsident Michel hatte den Begriff der „humanitären Pause“ ins Spiel gebracht, der vor allem von Deutschland heftig kritisiert wird. Das klinge zu sehr nach einer „Waffenruhe“, die es den Terroristen der Hamas eventuell erlauben könnte, ihre Kräfte im Gazastreifen neu zu formieren.

Auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez sprach sich am Donnerstag erneut für eine längere Feuerpause aus. Er wünsche sich einen Waffenstillstand, sagte er in Brüssel. „Aber wenn wir dafür die Bedingungen nicht haben, dann zumindest eine humanitäre Pause, um die gesamte humanitäre Hilfe, die die palästinensische Bevölkerung dringend benötigt, zu ermöglichen,“ sagte Sanchez.

Gegen alle Prinzipien der Menschlichkeit

In einem aktualisierten Entwurf der Gipfel-Erklärung war schließlich von „humanitären Korridoren und Pausen“ die Rede, welche die EU-Staats- und Regierungschefs fordern würden. Diese Pausen könnten kurzfristig und zeitlich eng begrenzt ausgerufen werden, um dann Hilfskonvois die Ein- und Ausfahrt zu erlauben.

Bundeskanzler Olaf Scholz machte am Rande des Treffens noch einmal deutlich, dass die EU Israel bei der Verteidigung des Landes unterstütze. Der Terrorüberfall der radikalislamischen Hamas habe „gegen alle Prinzipien der Menschlichkeit verstoßen. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier einen klaren Standpunkt vertreten“. Keine Zweifel hat Scholz daran, dass die israelische Armee bei ihren Aktionen gegen die Terrormiliz „die Regeln beachtet, die sich aus dem Völkerrecht ergeben“. Israel sei ein „demokratischer Staat mit sehr humanitären Prinzipien, die ihn leiten“, betonte der Bundeskanzler.

Kanzler Scholz betont Einigkeit der EU

Angesichts der offensichtlichen Differenzen zwischen den EU-Mitgliedern betonte Olaf Scholz dennoch mehre Male die grundsätzliche Einigkeit der Europäischen Union. Auch Ratspräsident Michel warb um eine einheitliche Haltung der EU-Staaten. „Einige in der Welt“ würden derzeit versuchen, Teile der internationalen Gemeinschaft gegen die EU aufzubringen und „Zweifel an unserer Glaubwürdigkeit zu wecken“, warnte der Belgier. „Unsere Einigkeit wird das beste Argument sein, das wir gegenüber dem globalen Süden vorbringen können.“

Mehrere Regierungschefs betonten am Rande des Gipfels, dass angesichts der Krise im Nahen Osten, der Krieg der Ukraine gegen Russland nicht vergessen werde dürfe. Der Überfall Moskaus auf Kiew werde bei dem Treffen eine große Rolle spielen, versicherte auch Olaf Scholz. „Europa steht bei ihrem Kampf eng an der Seite der Ukraine.“

EU versichert der Ukraine weiter Hilfe zu

Ähnlich argumentierte Roberta Metsola, die Präsidentin des Europaparlaments. Es sei das Ziel des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass die EU sich auf den Nahen Osten konzentriere und die Ukraine aus den Augen verliere. Das werde aber nicht passieren, versicherte Metsola. Um die Hilfe für Kiew weiter zu finanzieren, werde die Union ihren mehrjährigen Haushaltsrahmen entsprechend anpassen. Belgiens Regierungschef Alexander de Croo betonte in diesem Fall, dass in seinen Augen für die Unterstützung der Ukraine nicht unbedingt neue Mittel aufgenommen werden müssten. Er sprach sich für „Umschichtungen“ im laufenden Haushalt aus.