Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktenordner. Foto: dpa/Boris Roessler

Oberstaatsanwalt Hauburger ist sicher: Die 14-jährige Ayleen durchlebte in der Nacht, in der sie starb die Hölle. Ihr mutmaßlicher Mörder dürfe keine Möglichkeit bekommen, erneut zu töten.

Im Prozess um den gewaltsamen Tod der 14-jährigen Schülerin Ayleen aus Baden-Württemberg hat die Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht Gießen eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes für den Angeklagten gefordert. Zudem geht Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger von einer besonderen Schwere der Schuld des 30-Jährigen aus und forderte, die Sicherungsverwahrung für ihn anzuordnen. Sollte das Gericht dem folgen, wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Erwartet wird das Urteil für diesen Donnerstag (28. September).

Der Mann ist unter anderem wegen Mordes, versuchter Vergewaltigung mit Todesfolge und Nötigung angeklagt. Am 21. Juli vergangenen Jahres soll er die 14-Jährige aus ihrem Heimatort Gottenheim nahe Freiburg abgeholt und in ein Waldstück bei Langgöns im Landkreis Gießen gebracht haben. Dort soll der Deutsche versucht haben, die Schülerin zu vergewaltigen und sie schließlich erwürgt haben. Die Ermittler gehen von einem sexuellen Motiv der Tat aus. Der Mann selbst hatte die Tötung des Mädchens zum Prozessauftakt in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung zwar eingeräumt, dabei aber angegeben, die Tat sei im Streit geschehen. Überraschend sprach der 30-Jährige selbst am Montag ein letztes Wort vor Gericht: „Ich schließe mich der Verteidigung an, und es tut mir leid“, sagte er.

Das Mädchen und der Mann kannten sich aus stark sexualisierten Chats in sozialen Netzwerken und aus einem Online-Spiel. Der Angeklagte sei „zum Feind in ihrem Chat“ geworden, sagte Hauburger. Er habe noch nie erlebt, dass jemand „so gleichgültig und ignorant“ sei, wenn er ein Leben ausgelöscht habe. Der Mann habe ein sexuelles Bedürfnis gehabt und dieses umgesetzt. „Wenn dabei jemand stirbt, ist es ihm auf Deutsch gesagt scheißegal.“ Das sei es, was den 30-Jährigen so gefährlich mache. Hinzu komme eine Fähigkeit des Angeklagten zur Manipulation. Er sei in der Lage, Mädchen im Internet anzusprechen und Druck aufzubauen, und auch dabei gehe es ihm nur um die Befriedigung seiner Bedürfnisse, so Hauburger.

Der Maßregelvollzug habe dem Angeklagten nichts gebracht

Der Maßregelvollzug, in dem der Angeklagte jahrelang untergebracht war, weil er bereits als 14-Jähriger eine Sexualstraftat begangen hatte, habe „gar nix gebracht“, so Hauburger. „Wenn ein Straftäter von uns nicht erreicht wird, ist er zu verwahren, weil unsere Gesellschaft vor solchen Tätern geschützt werden muss.“ Man dürfe dem Mann nicht die Möglichkeit geben, noch ein weiteres Mädchen zu töten. Auch die Vertreterin der Nebenklage plädierte auf eine lebenslange Freiheitsstrafe und forderte die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie die Anordnung der Sicherungsverwahrung. Als Mordmerkmale komme eine Tötung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs oder zur Verdeckung einer Sexualstraftat in Betracht, so Hauburger.

Die Verteidiger gehen ebenfalls von Mord aus, sehen aber lediglich das Mordmerkmal der Verdeckung einer Straftat. Auch eine Sicherungsverwahrung ziehe man nicht in Zweifel, sagte Rechtsanwalt Henner Maaß. Die Annahme einer besonderen Schwere der Schuld wies der Verteidiger hingegeben zurück, auch weil eine versuchte Vergewaltigung nicht zu beweisen sei. Es sei „völlig offen“, ob die Tötung des Mädchens sexuell motiviert gewesen sei.

Angeklagt ist der Mann auch, weil er sich kinderpornografische Inhalte beschafft haben soll, sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Er soll ein 13-jähriges Mädchen via Chat dazu aufgefordert haben, ihm Nacktfotos zu schicken. Seine Verteidiger gehen davon aus, dass er „nicht sicher“ gewusst habe, dass die Schülerin erst 13 Jahre alt war.