Das Oberlandesgericht Stuttgart Foto: dpa

In Stammheim hat der zweite Prozess um den gewaltsamen Tod eines Black-Jackets-Mitglieds begonnen. Dieser zweite von insgesamt drei Prozessen könnte platzen.

In Stammheim hat der zweite Prozess um den gewaltsamen Tod eines Black-Jackets-Mitglieds begonnen. Dieser zweite von insgesamt drei Prozessen könnte platzen.

Stuttgart/Esslingen - Im Mehrzweckgebäude des Oberlandesgerichts Stuttgart neben dem Stammheimer Gefängnis stehen sieben Männer im Alter von 20 bis 26 Jahren vor der 2a. Strafkammer des Landgerichts. Den Mitgliedern der verbotenen Jugendbande Red Legion wird wie im bereits seit einem halben laufenden Parallelprozess mit acht Angeklagten Mord, neunfacher Mordversuch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Es geht um die blutige Nacht auf den 22. Dezember 2012. Eine Gruppe von zehn Black-Jackets-Leuten hatte sich in einer Bar an der Entengrabenstraße in Esslingen getroffen. Davon bekam die Red Legion, die Esslingen als ihr Revier beansprucht, Wind. Ein Legionist lockte die Schwarzjacken auf die Straße, wo mehr als 20 Red-Legion-Männer warteten. Nach der Attacke lag ein 22-jähriger Black-Jackets-Mann tot in seinem Blut, sein Bruder und ein weiterer Kumpel trugen lebensgefährliche Stichverletzungen davon. In der Folge attackierten Schwarzjacken einen Legionisten in Stuttgart, um Rache zu üben. Der junge Mann erlitt Stichverletzungen.

Der Angriff am Esslinger Obertor wiederum war eine Vergeltungsaktion der Red Legion für den Überfall von Schwarzjacken auf eine Gruppe junger Leute auf dem Hof der Waisenhofschule in Esslingen im Juni 2009. Daraufhin waren 21 Black-Jackets-Leute angeklagt und nach einem zwei Jahre währenden Mammutprozess verurteilt worden. Einige der Opfer vom Esslinger Obertor saßen damals als Täter auf der Anklagebank.

Schon der Schwarzjacken-Mammutprozess hatte das Gefüge des Landgerichts gehörig durcheinandergebracht. Jetzt sorgt mit der Red Legion eine weitere rockerähnliche Gruppe für Probleme im Landgerichtsalltag. Ein Ende des ersten Prozesses ist nicht abzusehen, der zweite droht gar zu platzen, ein dritter mit weiteren drei Angeklagten, denen ebenfalls der gemeinschaftliche Mord an dem 22-Jährigen am Obertor in Esslingen vorgeworfen wird, soll am 23. Januar beginnen.

Verfahren wurde gesplittet

Verteidiger Hans Steffan hat am ersten Tag des zweiten Prozesse am gestrigen Donnerstag die Besetzung der 2a. Strafkammer gerügt. Hintergrund ist der Unmut der gesamten Verteidigerriege darüber, dass das Verfahren gesplittet worden ist. Die Anwälte hatten darauf gedrängt, gegen alle 18 Angeklagten in einem Prozess in Stammheim zu verhandeln. Das hatte die Staatsanwaltschaft und das Landgericht abgelehnt.

Verteidiger Steffan rügt nun, dass das zweite Verfahren ursprünglich bei der 2. Strafkammer anhängig war. Diese gab es jedoch wegen Überlastung weiter. Daraufhin wurde die 2a. Kammer als Hilfsstrafkammer gebildet.

„Hier ist eine willkürliche Zuständigkeitsverschiebung vorgenommen worden“, sagt Verteidiger Steffan. Das verletzte das Grundrecht seines Mandanten auf den gesetzlich bestimmten Richter und somit auf ein faires Verfahren. Alle seine Kollegen und überraschenderweise auch der Staatsanwalt schlossen sich der Besetzungsrüge an. Jetzt muss die Kammer die Rüge dem Präsidium des Landgerichts vorlegen.

Sollte der Antrag durchgehen, würde dieser zweite Prozess platzen. Dann müssten die Verfahren unter Umständen doch noch verbunden werden, was wiederum für Ärger sorgen würde. Denn der erste Prozess, der bereits seit einem halben Jahr läuft, müsste ganz von Neuem beginnen.

In dem Red-Legion-Prozess scheint ohnehin der Wurm zu stecken. Erst schied eine Richterin der 3. Strafkammer wegen Befangenheit aus dem Verfahren aus, es wurde mit dem Ergänzungsrichter weiterverhandelt. Dann musste einer der beiden psychiatrischen Gutachter ausscheiden, weil er während der Verhandlung offenbar prozessfremde Akten studiert hatte.

Zu allem Übel verlief auch noch ein weiterer Stuttgarter Landgerichtsprozess – dieses Mal gegen drei Black-Jackets-Männer – im Sande. Die Burschen sollen als Vergeltung für den Tod des 22-Jährigen am Esslinger Obertor einen Legionisten auf der Eberhardstraße in Stuttgart im Januar 2013 mit weiteren Komplizen aufgelauert und schwer verletzt haben. Dabei soll der ehemalige Nationalpräsident der Black Jackets sogar mit einer scharfen Waffe herumgeschossen haben. Zwei der Angeklagten wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das Verfahren gegen den schießwütigen Nationalpräsidenten wurde eingestellt, weil er bereits in Ulm zu vier Jahren verurteilt worden war. Dort soll er einen Black-Jackets-Novizen gefoltert haben, weil der gestohlen hatte.

Es steckt also weiterhin juristischer Zündstoff in den Verfahren gegen die Jugendbanden. Darüber könnte man fast die Opfer vergessen.