Igel-Pflegerin Anette Lampart mit einem ihrer Schützlinge Foto: Leif Piechowski

Die Tage werden jetzt noch kürzer, es gibt immer weniger Sonnenstunden. Igel reagieren auf diese Signale, für sie ist es nun Zeit, den Winterschlaf anzutreten. Doch einige der Stacheltiere sind zu leicht oder zu krank für die Winterruhe. Sie brauchen Hilfe.

Die Tage werden jetzt noch kürzer, es gibt immer weniger Sonnenstunden. Igel reagieren auf diese Signale, für sie ist es nun Zeit, den Winterschlaf anzutreten. Doch einige der Stacheltiere sind zu leicht oder zu krank für die Winterruhe. Sie brauchen Hilfe.

Esslingen - Wenn Mensch auf Igel trifft, folgt auf Freude meist Ratlosigkeit. Ist der gesund? Soll ich ihn von der Straße weg in ein Gebüsch bringen? Sollte ich ihn füttern? Rund eine Million überfahrene Igel und viele verwaiste Igelbabys gibt es jährlich. In der Region kümmern sich Ehrenamtliche speziell um diese Tiere, päppeln sie in Igelstationen oder bei sich zu Hause auf. Wer ein verletztes Tier findet, muss so schnell wie möglich zum nächsten Tierarzt, rät der Verein der Igelfreunde Stuttgart. Die Erstversorgung sollte allerdings der Finder leisten.

Um einen Igel untersuchen zu können, muss man ihn in die Hand nehmen. „Das ist gar nicht so schwer“, meint Anette Lampart, die fürs Esslinger Tierheim erste Anlaufstelle ist, wenn Igel abgegeben werden. Man kann Gartenhandschuhe anziehen oder ein altes Handtuch benutzen. Am besten streicht man die Stacheln glatt nach hinten und hält den Igel am Bauch. Lampart selbst verwendet nur dünne Latexhandschuhe und greift zwischen die Stacheln.

Schwache Igel sind oft unterkühlt. Ideal wären 37 Grad. „Wenn er sich deutlich kühler anfühlt als die eigene Hand, ist er unterkühlt.“ Das braucht das Tier Hilfe. Ein eindeutiges Indiz ist auch, wenn Igel tagsüber unterwegs sind. Denn Igel sind nachtaktive Wesen. Die Alarmglocken sollten auch klingeln, wenn Igelbabys unterwegs sind – und keine Mutter weit und breit. Normalerweise verlassen die Jungtiere die Höhle nur in der Dämmerung oder Dunkelheit und nur zusammen mit der Mutter. Bis sie 14 Tage alt sind, ist die Haut noch rosa, ab der dritten Woche färbt sie sich grau. „Wenn nicht klar ist, ob die Mutter in der Nähe ist, kann man Futter raus stellen und beobachten“, sagt Anette Lampart. Am besten eignet sich feuchtes Katzenfutter, Milch ist für Igel tabu.

Würmer sind das Hauptproblem

Das Gewicht gibt ebenfalls Aufschluss, ob das Tier fit ist für den Winter. Minimum sind 600 bis 800 Gramm, sagen die Fachleute, darunter muss der Igel auf jeden Fall ins Warme. Normalgewichtige Tiere bringen zwischen 1000 und 1800 Gramm auf die Waage. Und ihr Leib sieht birnenförmig aus, oder eben er ist zu dünn.

Schließlich sind es natürlich Parasiten und Krankheiten, die einigen Igeln zusetzen.Würmer sind das Hauptproblem: „Beinahe jeder Igel ist mit Würmern belastet“, sagt Anette Lampart. Einzeller wie Giardien oder Kokzidien (mikroskopisch kleine Darmparasiten) können zu schweren Durchfallerkrankungen führen. Manche Tiere haben eine Pilzkrankheit auf der Haut, andere sind verschleimt und husten und röcheln. Auch dafür gibt es Erste Hilfe, Anette Lampart hat beste Erfahrungen mit im Handel erhältlichen Thymian-Tee gemacht. Den stellt sie kochend heiß neben eine Transportbox oder einen Karton mit Löchern, in dem der Igel sitzt und deckt beides mit einem Handtuch ab. So inhaliert das Tier den Teedampf. „Das ist ein ganz tolles Mittel.“

Die ehrenamtlichen Igelpfleger hoffen, dass die Finder selbst aktiv werden. Denn alle Tiere können sie gar nicht aufnehmen. Im Außengehege beim Esslinger Tierheim logieren jetzt schon 40 Stachler. Anette Lampart bringt dort ihre Pfleglinge hin, wenn sie wenigstens 450 Gramm haben. Sie bekommen dort den Winter über Nahrung, nebst Katzenfutter auch Weizenkleie, Keimöl und Igeltrockenfutter.

Im Frühjahr, wenn die Temperatur kaum noch unter acht Grad fällt und die Igel 800 Gramm auf den Rippen haben, dürfen sie zurück in die Freiheit. Das Esslinger Tierheim führt akribisch Buch darüber, wo die Tiere gefunden wurden. Denn idealerweise setzt man die Säuger dort auch wieder aus.

Jetzt hat das Tierheim allerdings ein Riesenproblem: Der Garten mit dem Gehege wird verkauft. Das Tierheim hat das Gelände seit 2003 gepachtet und dort mit viel Geld und Mühe das acht Ar große Außengehege mit den Igelhäusern gebaut. Der Tierschutzverein braucht jetzt dringend Spenden, um den Garten für rund 10.000 Euro selbst kaufen zu können. Es ist geplant, das Grundstück im Sommer, wenn keine Igel da sind, für die Tierheimhunde zu nutzen. Die schwierigeren Charaktere könnten dort trainiert werden.