Abgeschottet von der Außenwelt: Renate Winkler in „Die Wand“ Foto: A. Essig

Beim Theatersommer Ludwigsburg spielt Renate Winkler in „Die Wand“. Das Stück nach dem gleichnamigen Roman von Marlen Haushofer kritisiert den Kapitalismus.

Ludwigsburg - Luchs ist tot. Der Hund wurde mit einem Beil erschlagen – nun ist er weg, raus aus dem Universum der namenlosen Frau, die hinter einer gläsernen Wand im Gebirge lebt. Abgeschieden von der Außenwelt und jeglicher menschlicher Gesellschaft, bleiben ihr nur noch die Kuh Bella und zwei graugetigerte Katzen. Doch sie war nicht immer alleine, das unsichtbare Hindernis nicht immer da. Sie fuhr in die Berge, um auf einer Jagdhütte das Wochenende zu verbringen. Und fand sich plötzlich eingeschlossen.

Christiane Wolff inszeniert beim Ludwigsburger Theatersommer das Ein-Frau-Stück „Die Wand“, das auf dem Roman (1963) der Österreicherin Marlen Haushofer basiert. Anfangs verhaspelt sich Schauspielerin Renate Winkler gelegentlich. Doch mit jeder Minute steigert sich ihr Spiel, zieht die Zuschauer in seinen Bann. Etwa, wenn sie zahnschmerzengeplagt den Kopf gegen einen Strohballen stemmt oder übermütig mit dem Katzenjungen über die Bühne tollt.

Diese ist karg ausgestattet: Strohballen, Steine, ein Kasten und eine Bank symbolisieren die Hütte, in der die Frau beginnt, sich mit ihrem Los und dem Leben in der Natur zu arrangieren. Ein Prozess, der sie körperlich wie seelisch anstrengt, jedoch zu einer tiefen Wandlung führt: „Mein früheres Leben erschien mir in jeder Hinsicht ungenügend“, sagt sie, mit Blick in das für sie unerreichbare Tal – fern vom kapitalistischen Besitzstreben, in Ruhe, ohne Hast.

Um den „Verstand nicht zu verlieren“ und sich – ohne menschliches Gegenüber – ihrer Existenz zu vergewissern, schreibt sie ihr Leben auf. Die Darstellerin kommt lesend langsam ins Spielen, ihr Innerstes erkundend, bewegt sie sich gedanklich beständig zwischen einst und jetzt. Ein Ringen um die Realität, mit der Ungewissheit des Kommenden – darin unterscheidet sich diese Heldin hinter Glas nicht von den Zuschauern auf der Tribüne.

Weitere Termine: 22. und 29. Juni, 9., 13., 19. und 20. Juli, 2. und 3. August. Karten: 0 71 41 / 2 42 31 55.