Spielen seit Jahren mit Herzblut Theater: Sonja Kromer und Helen Pavel (rechts). Foto: Nina Ayerle

Im Dreigroschentheater spielen seit 38 Jahren Amateure, die sich über mehr Publikum freuen würden.

Marienplatz - Julie, die verwöhnte und eigenwillige Tochter des Hausherrn, verliebt sich im Rausch der Mittsommernacht in Jean, den Diener ihres Vaters. Jean jedoch ist so gut wie verlobt mit der resoluten und nach außen hin sittenstrengen Haushälterin Kristin. Er verehrt und bewundert allerdings seit seiner Kindheit die Herrin, Fräulein Julie. Aber Jean strebt auch nach sozialem Aufstieg. Wer hat daher wen verführt, und warum?

Fräulein Julie läuft zum letzten Mal

Zum letzten Mal führen die Schauspieler das Dreigroschentheaters am Samstag, 14. Dezember, um 20 Uhr August Strindbergs Tragödie „Fräulein Julie“ auf. Die Regie führte dabei der Direktor und künstlerische Leiter von Stuttgarts Miniaturbühne, Helmut O. Herzfeld, unterstützt wurde er von seiner Regieassistentin und Stellvertreterin Helen Pavel. „Wir sind das einzige Amateurtheater in Stuttgart mit festem Jahresspielplan“, erklärt Pavel das Konzept des Dreigroschentheaters.

Im Dunklen weist die Leuchtschrift „3-Groschentheater“ auf die schmale Tür in der Kolbstraße 4c hinter dem Marienplatz hin. Seit 38 Jahren wird dort unter der Leitung von Herzfeld Theater gemacht. Anspruchsvolle Stücke wähle der Chef aus, Klassiker der Moderne, sagt Helen Pavel. „Wir inszenieren keine seichten Sachen“, fügt sie hinzu. Selbstverständlich spiele man auch keine selbst geschriebenen Stücke. Viele Komödien von Dürrenmatt seien im Programm. Sechs Stücke hatte die rund 20-köpfige Truppe im letzten Quartal des Jahres 2013 im Repertoire. Drei bis vier Stücke werden jedes Jahr neu ins Programm aufgenommen.

Die Schauspieler stehen vor fast leeren Rängen

Das klingt zunächst alles gut. Doch eines fehlt dem kleinen Theater. Das, was für Schauspieler eigentlich das Wichtigste ist: Das Publikum. „Wir strengen uns jedes Mal so an, aber oft haben wir kaum Gäste“, sagt Sonja Kromer, Amateurschauspielerin im Dreigroschentheater. Um auf sich aufmerksam zu machen, veröffentlicht das kleine Theater einmal im Quartal seinen Spielplan und verteilt diesen in der Stadt. „Was sollen wir sonst machen“, fragt Herzfeld. Für eine breit angelegte Werbekampagne fehle dem Theater schlicht das Geld, sagt der Theaterdirektor. „Die Einnahmen reichen in der Regel, um die Kosten und Gebühren zu decken“, ergänzt Pavel. Alleine eine Aufführung von Dürrematt koste 107 Euro Gebühren je Vorstellung.

Die meisten Schauspieler sind daher Amateure, die nebenher etwas anderes tun. „Viele sind Studenten, Schauspiel oder Germanistik, die bei uns Bühnenerfahrung sammeln“, sagt Helen Pavel, die eine Ausbildung in Pantomime und Theaterpädagogik hat. Sie übernimmt auch die Kinder-Theaterstücke, die im Dreigroschentheater auf dem Plan stehen. „Das wiederum wird von den Kindergärten sehr gut angenommen“, sagt Pavel.

Die Stücke für die jüngsten Theaterbesucher schreibt und inszeniert Pavel selbst, sie gehören zu ihrem eigenen Theater, dem Gamma-Theater. Im Dreigroschentheater sei sie damit eigentlich nur zu Gast. Dennoch ist Pavel eine feste Institution in Herzfelds Theater. In der Regel ist sie Regieassistentin, macht die Reihe „Literatur und Jazz“ mit szenischen Lesungen. Zudem ist sie Vorsitzende des Fördervereins Dreigroschentheater, der das Theater unterstützt.

Seit 1992 besteht der Förderverein. Die Spenden fließen direkt ins Theater. Nur dadurch gelingt es, den Theaterbetrieb aufrecht zu halten. „Wir konkurrieren immer mit den großen Bühnen hier in Stuttgart“, sagt Kromer. Doch die Zuschauer, die kommen, lieben die kleine intime Atmosphäre und die nostalgische Einrichtung. „Die Schauspieler sind bei uns quasi zum Greifen nahe“, sagt Kromer.