Am späten Samstagabend kommt das Nachtleben in London südlich der Themse jäh zum Stillstand. Ein Lastwagen fährt in eine Menschenmenge, drei mutmaßliche Täter attackieren Passanten.
London - Ein Terroranschlag im Herzen Londons hat wenige Tage vor der Parlamentswahl Großbritannien erneut erschüttert. Er begann am späten Samstagabend auf der London Bridge und ging auf dem nahe gelegenen Borough Market weiter, der bei Touristen sehr beliebt ist. Es gab mindestens sieben Tote und rund 50 Verletzte. Die Terroristen griffen ihre Opfer zuerst mit einem Kleintransporter und dann mit Messern an. „Das war wie ein Amoklauf“, zitierte die BBC einen Zeugen. Die Täter seien zu Bars und Restaurants in der Umgebung gelaufen und hätten gerufen: „Dies ist für Allah“.
Die Ermittler gingen zunächst von drei Tätern aus. Alle drei verdächtigen Männer seien tot, sagte die Londoner Polizeichefin Cressida Dick am Sonntagmorgen. Sie bezeichnete die Attacken als „entsetzlich und tragisch“. Großbritanniens Anti-Terror-Chef Mark Rowley erklärte, die Polizei behandele die Angriffe als „terroristische Vorfälle“.
Noch frischer ist die Erinnerung an den Terroranschlag von Manchester vor knappe zwei Wochen, als ein Selbstmordattentäter nach einem Konzert seine Bombe in einer Menschenmenge zündete und 22 Menschen mit in den Tod riss.
Erinnerungen an den Angriff vom 22. März
Die Terrorattacke auf der London Bridge erinnert auch an den Angriff vom 22. März. Damals war ein 52-jähriger Mann auf der Londoner Westminster-Brücke mit hohem Tempo in Fußgänger gefahren. Danach tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Bei dem Terrorangriff waren sechs Menschen ums Leben gekommen. Der Attentäter war auch damals erschossen worden.
Zu dem jüngsten Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Jedoch verwies die auf dschihadistische Propaganda spezialisierte Site Intelligence Group darauf, dass Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag in ihren Foren und Chat-Kanälen feierten und den IS hinter der Tat vermuteten. Am Donnerstag wählen die Briten ein neues Parlament. Wegen des Anschlags setzten fast alle Parteien ihren Wahlkampf aus, nur die rechtspopulistische Ukip-Partei schloss sich dem nicht an. International löste das Attentat Bestürzung aus.
Premierministerin Theresa May hatte zuerst von einem möglichen Terrorakt gesprochen. Sie berief für Sonntagmorgen eine Krisensitzung ein. Dabei sollte entschieden werden, ob erneut die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen wird. Zuletzt wurde die Situation nach dem Anschlag in Manchester als „kritisch“ gewertet. Das bedeutet, dass weitere Anschläge unmittelbar bevorstehen könnten.
Große Areale in der Stadt abgesperrt
Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden die Angreifer nur acht Minuten nach Eingang des Notrufs an dem Markt von Sicherheitskräften erschossen. Die Attentäter hätten Kleidungsstücke getragen, die wie Sprengstoffwesten aussahen. Diese hätte sich jedoch später als harmlose Attrappen entpuppt.
Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einer „gezielten und feigen Attacke“ auf unschuldige Londoner und Besucher. Die Polizei sperrte große Areale in der Stadt ab. Sie bat die Menschen, nicht leichtfertig Videos und Bilder von den Tatorten in Umlauf zu bringen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich bestürzt: „Wir sind heute über alle Grenzen hinweg im Entsetzen und der Trauer vereint.“
US-Präsident Donald Trump verurteilte die Terrorattacke scharf und drückte der britischen Regierungschefin telefonisch sein Beileid aus.
Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, sein Land stehe nach der „neuen Tragödie“ an der Seite Großbritanniens. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.“