Arnaud Beltrame ist im Dienst ums Leben gekommen. Foto: AP

Der französische Gendarm, der sich gegen eine Geisel austauschen ließ, ist seinen Verletzungen erlegen. Der Beamte hätte im Sommer kirchlich heiraten wollen. Freunde sagen, der Oberstleutnant liebte das Leben – nicht nur sein eigenes.

Paris - „Das war mehr als Mut, das war Selbstaufopferung“, sagte ein Augenzeuge. „Er ist für uns gestorben“, ergänzte eine Frau, die am Arbeitsort des verstorbenen Gendarmen Arnaud Beltrame in Carcassonne Blumen niederlegte. Frankreich war am Sonntag ergriffen und voller Bewunderung für den Mann, der wohl etlichen ihm unbekannten Menschen das Leben rettete.  

Beltrame nahm am Freitag am Einsatz gegen die Geiselnahme im südfranzösischen Trèbes teil. Ein Attentäter war dort nach einer mörderischen Amokfahrt mit „Allahu Akbar“-Rufen in einen Supermarkt eingedrungen; er erschoss einen Angestellten und eine Kundin, um dann mehrere Geiseln zu nehmen.   Nach mehrstündigen Verhandlungen mit den Antiterrorbehörden bot sich Beltrame an, den Platz der letzten, weiblichen Geisel einzunehmen. Nach offizieller Darstellung stürmten Elitepolizisten den Markt, als der Geiselnehmer auf Beltrame feuerte und ihn mit einem Halsschuss lebensgefährlich verletzte. In der folgenden Nacht starb der Gendarm in einem Spital in Carcassonne.  

Vor kurzem fingierten Terroranschlag geübt

Der Angreifer hatte zuvor insgesamt drei Personen erschossen. Vor wenigen Wochen hatte Beltrame selbst an einer Polizeiübung mit einem fingierten Terroranschlag in einem Supermarkt teilgenommen. Jetzt begab er sich in die Gewalt des selbst ernannten „Soldaten“ der Dschihadmiliz IS. Da der Polizist sein Handy angeschaltet ließ wussten die Einsatzleiter, was in dem Markt vorging.

  Präsident Emmanuel Macron ehrte den verstorbenen Ordnungshüter in einer langen Stellungnahme. Beltrame sei „als Held gefallen“ und habe auf „auf eklatante Weise seine militärischen Tugenden unter Beweis gestellt, die den Respekt und die Bewunderung der ganzen Nation verdienen“, schrieb der Staatschef.   Der Oberstleutnant der Gendarmerie – sie ist im Unterschied zur nationalen Polizei Teil der Militärorganisation und vor allem in Landgegenden tätig – war Mitglied der Eliteeinheit GIGN und hatte im Irakkrieg einen Verdienstorden erhalten. Kürzlich verheiratet, wollte der praktizierende Katholik im Juni die kirchliche Heirat nachholen.

Einer seiner Polizeifreunde sagte, er sei überhaupt nicht überrascht, dass Beltrame so gehandelt habe: „Das Risiko, das er einging, lag ganz auf seiner persönlichen Linie. Arnaud war aufrecht, großzügig und humanistisch; er hatte ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein und einen Sinn für den ‚Service Public‘. Und er liebte das Leben – nicht nur sein eigenes.“

Schrille Töne bleiben ohne Echo

  Erschüttert über den Tod des selbstlosen Gendarmen, reagierte Frankreich zugleich sehr gefasst auf den Anschlag, der vier Todesopfer sowie mehr als ein Dutzend Verletzte forderte und mit der Erschießung des Täters durch die Polizei endete. Dass der Franko-Marokkaner Redouane L. zwar wegen „Radikalisierung“ registriert war, aber nicht überwacht wurde, entfachte kaum Kritik: Allen Franzosen ist klar, dass die permanente Kontrolle aller 12 000 Gefährder der Kategorie „S“ in Frankreich schlicht nicht möglich ist.  

Front-National-Chefin Marine Le Pen erklärte, die Regierung setze das Leben der Bürger aufs Spiel, indem sie das seit den Großattentaten von 2015 herrschende Ausnahmerecht im vergangenen November aufgehoben habe. Auch solche schrillen Töne bleiben aber weitgehend ohne Echo, da das neue Antiterrorgesetz die Bestimmungen des Notrechts weitgehend übernommen hat. „Das Ausnahmerecht hätte auch dieses Attentat nicht verhindert“, sagte der Terrorspezialist Hugo Micheron.