Führungsspieler im deutschen Team: Philipp Kohlschreiber. Foto: dpa

Kein Streit, kein Neid, keine Schwächephase: Das deutsche Tennisteam zeigt beim 4:1 in der Dominikanischen Republik ungeahnte Stärken.

Santo Domingo - Doch, das waren alles in allem ein paar sehr schöne Tage für den Deutschen Tennis-Bund (DTB), nicht nur in der Karibik. Aus Stettin gratulierte Jan-Lennard Struff, der nach frustrierenden Monaten bei einem Challenger-Turnier in Polen den Titel gewonnen hatte, dem Daviscup-Team; aus dem kanadischen Quebec meldete sich Annika Beck nach einem Turniersieg; Tommy Haas schickte Glückwünsche, ebenso Peter Gojowczyk, der in China einen Titel gewann.

„Mission erfüllt“, meinte Teamchef Michael Kohlmann nach dem 4:1-Sieg seiner Mannschaft gegen die Dominikanische Republik in Santo Domingo, womit feststeht, dass sie auch 2016 in der Weltgruppe spielen wird. Aus der Entfernung betrachtet, gab es keine zwei Meinungen, wer dieses Spiel gegen den Außenseiter gewinnen sollte. „Es wäre ein riesiger Rückschritt gewesen, wenn wir hier abgestiegen wären“, gab Kohlmann zu. Aber die Bedingungen in Santo Domingo – stechende Sonne und hohe Luftfeuchtigkeit – und das Engagement des besten Mannes beim Gegner, Victor Estrella Burgos, hatten einen eigenen Schwierigkeitsgrad.

Doch alles ging gut, vor allem dank Philipp Kohlschreiber, der vom ersten bis zum entscheidenden Punkt im dritten Match einen prima Eindruck als Führungsspieler hinterließ. Nach ihrem Lieblingsmoment der Saunatage in der Karibik gefragt, meinten alle, das sei der Moment von Kohlschreibers verwandeltem Matchball gegen Estrella Burgos gewesen. In diesem Moment stand fest, dass sich das Wochenende im Feuerring gelohnt hatte. Mal eines ohne Streit. Diesmal sah es jedenfalls so aus, als sei die einzige Baustelle jene im Mannschaftshotel gewesen, in der Lobby und auf den Gängen. Sinnigerweise waren die Bauarbeiten einen Tag vor der Abreise beendet.

Deutschland ist in der Weltgruppe nicht gesetzt

Der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes, Ulrich Klaus, bedankte sich für den Einsatz und den Teamgeist und sagte, er sei „stolz auf die Mannschaft“. In der Weltgruppe zu spielen sei „ein Muss für den DTB“. Im Gegensatz zur Mannschaft, die am Montag zum Flug zurück nach Deutschland eincheckte, wird Klaus demnächst in Chile landen, wo im Rahmen der Generalversammlung des Internationalen Tennis-Verbandes (ITF) an diesem Mittwoch die erste Runde der Weltgruppe für 2016 ausgelost wird. Die Deutschen werden nicht zu den acht gesetzten Mannschaften gehören, aber leichte Lose gibt es ja ohnehin nicht.

Grundsätzlich sieht die Sache für die nähere Zukunft nicht schlecht aus. Zu den Saunaspielern von Santo Domingo – Kohlschreiber, Benjamin Becker, Debütant Dustin Brown und Philipp Petzschner, die sich erstmals in bester Harmonie zeigten – wird in Zukunft auch Sascha Zverev gehören, der kurz vor der Reise krank absagen musste. Auch Struff und Gojowczyk, die Turniersieger des Wochenendes, die schon im Daviscup gespielt haben, könnten bei weiter steigender Formkurve wieder eine Wahl sein.

Aber bevor der Wettbewerb des Jahres 2016 beginnt, steht Ende November das Finale 2015 an. Mit einer Begegnung, wie es sie zuletzt vor 111 Jahren gab – im ersten Jahr des Daviscups. Mit dem Sieg beim Heimspiel in Glasgow gegen Australien landeten Superstar Andy Murray und das Team im Finale, ebenso Belgien nach einem großen Wochenende in Brüssel von Steve Darcis. Der gewann drei Spiele gegen Argentinien und stand fast elf Stunden auf dem Platz – am Ende, nach dem letzten Schmetterball eines höchst emotionalen Wochenendes, lag er allerdings. Den kollektiven Siegesschrei der Zuschauer hätte man fast bis in die Karibik hören können, und die Geschwindigkeit, mit der sich die Teamkollegen auf Darcis warfen, war nicht weniger eindrucksvoll.

Finale Großbritannien gegen Belgien

Auch in Glasgow wackelten die Wände, und auf der Tribüne stand eine sehr stolze Frau. Judy Murray sah, wie ihr Sohn Andy zwei Einzel und an der Seite ihres zweiten Sohnes Jamie auch das Doppel gewann. Nun wandeln die beiden auf den Spuren der erfolgreichsten Brüder des britischen Tennis. Beim Finale im Jahre 1904 waren die Brüder Reggie und Laurie Doherty nicht zu schlagen. Die Murrays und der Rest des britischen Teams werden Ende November über den Kanal nach Belgien fahren müssen – zu einem Finale, auf das zu Beginn des Jahres garantiert niemand gesetzt hätte. Der Daviscup ist und bleibt eine Wundertüte – prall gefüllt.