Jubel nach dem dritten Sieg in Wimbledon: Novak Djokovic Foto: dpa

Nur einmal ließ er Roger Federer am Sieg schnuppern – doch dann war Novak Djokovic nicht mehr aufzuhalten. Wie sein Trainer Boris Becker hat er nun drei Siege in Wimbledon auf dem Konto.

London - Es ist der Ort, an den er dachte, als er sich einst vornahm, mal ein großer Tennisspieler zu sein. Wimbledon, dachte Novak Djokovic, das muss es sein. Sonntagabend um kurz vor halb sechs gewann er seinen dritten Titel in Wimbledon mit einem Sieg über Roger Federer (7:6, 6:7, 6:4, 6:3), und wie schon nach dem ersten vor vier Jahren aß er am Ende ein paar Grashalme. Federer hatte völlig recht, als er dem Sieger bei der Zeremonie gratulierte und sagte: „Novak hat nicht nur heute großartig gespielt, sondern in der ganzen Woche und im ganzen Jahr und im Jahr zuvor. Er hat es verdient.“

In den Tagen vor dem Finale hatte Djokovic fast den Eindruck haben müssen, er spiele nur die zweite Geige. Federer bestimmte die Schlagzeilen, niemand sonst. Als der Schweizer nach dem grandiosen Halbfinale gegen Andy Murray gefragt wurde, ob ein Auftritt wie dieser die Antwort sei, warum er nach wie vor spiele, sagte er: „Ja, für mich schon. Und es ist ganz einfach: Es macht mir Spaß.“ Überall auf dem Weg zurück in die Umkleide war er mit Beifall belohnt worden. Am nächsten Tag stand in den Zeitungen wieder eine Sammlung jener Wörter, ohne die viele Jahre lang keine Geschichte über ihn ausgekommen war. Maestro. Unglaublich. Einzigartig. Kunst.

Wie geht man damit um auf dem Weg ins Finale? Zwei Stunden vor dem Beginn des letzten Spiels der 129. Championships lehnte Federer jedenfalls entspannt am Geländer der Terrasse des Spielerrestaurants, neben sich seine Coaches Stefan Edberg und Severin Lüthi, und warf von oben einen Blick auf Platz drei, wo im Rahmen des Legendenturniers Goran Ivanisevic spielte.

Als das Finale begann, sah es so aus, als habe Federer die eigene Aufschlagstärke aus der Partie gegen Murray mit der von Ivanisevic kombiniert. Es gelang ihm ein frühes Break, aber so ging es nicht weiter; das ließ Djokovic nicht zu. Immer, wenn der Titelverteidiger das Tempo forcierte, wurde es eng für Federer. Der Schweizer erreichte zwar den Tiebreak, aber darin gelang ihm nicht mehr als ein Punkt. Kein Vergleich mit dem Tiebreak des zweiten Satzes. In der aufregendsten Viertelstunde des Finales wehrte Federer sechs Satzbälle ab und verwandelte seinen zweiten. Das Volk aus dem Häuschen. Und Djokovic?

Der ging in sich, schüttelte sich kurz, kam zurück ins Spiel und war nicht mehr zu bremsen. Die mentale Stärke, mit der er den Verlust des zweiten Satzes wegsteckte, war eindrucksvoll. Mit einem einzigen Break gewann er den dritten Satz, er nahm Federer im vierten wieder dessen Aufschlag ab, und auf diesem Vorsprung fuhr er wie ein Schnellzug auf Schienen ins Ziel. Nach zwei Stunden und 56 Minuten verwandelte er den ersten Matchball. Spiel, Satz, Sieg und Titel Djokovic, Nummer drei in Wimbledon.

Damit überholte er Leute wie Andre Agassi, Jimmy Connors und Ivan Lendl. Und was die Zahl seiner Wimbledon-Titel betrifft, steht er nun auf einer Ebene mit seinem Coach. „Er darf jetzt keine Sprüche mehr klopfen“, scherzte der Serbe. Boris Becker zollte seinem Schützling Respekt. „Wir alle im Team Djokovic bemühen uns, ihm zu helfen. Aber er ist der Spieler, er muss es auf dem Platz bringen. Und er hat es wieder geschafft“, sagte der 47-Jährige.

Wie im vergangenen Jahr sah Boris Becker in der Spielerbox zu, wie sein Mann gewann, nur die Umarmung fand diesmal nicht in der Öffentlichkeit statt. Weil Regen drohte, wurde das Dach für die Siegerehrung geschlossen, die Spieler verschwanden für zehn Minuten, und irgendwie ging damit ein wenig der sonst so besonderen Stimmung verloren. Aber das änderte nichts am Glück des Novak Djokovic: „Für diese Matches arbeitest du dein Leben lang. Das ist ein unglaubliches Gefühl.“