Tempo 30 an der Fasanenhofstraße – nach dem Willen der SPD soll das bald Realität werden. Foto: Archiv Kratz

Nicht so schnell: die SPD will mehr Tempo-30-Zonen – viele davon lägen in den Filderbezirken.

Stuttgart-Möhringen - Die Fasanenhofstraße im gleichnamigen Möhringer Stadtteil ist für Roswitha Blind von den Sozialdemokraten ein Paradebeispiel: Nach dem Willen der SPD-Fraktionschefin im Gemeinderat soll auch in dieser Straße der Verkehr langsamer fließen – nachdem bereits im ganzen übrigen Wohngebiet Tempo 30 gilt. Der Möhringer Bezirksbeirat hat das bereits mehrfach beantragt, aber: Auf der Fasanenhofstraße verkehrt ein Linienbus der Städtischen Straßenbahnen AG (SSB). Deswegen ist sie im Vorbehaltsstraßennetz. Darin sind alle Straßen zusammengefasst, über die der Verkehr in Stuttgart hauptsächlich fließen soll. Grundlage dafür ist das städtische Verkehrsentwicklungskonzept aus dem Jahr 1993. Rund ein Drittel der Straßenkilometer in Stuttgart gehören dazu, viele davon liegen in den Filderbezirken.

Das Vorbehaltsstraßennetz will die SPD-Gemeinderatsfraktion nach 20 Jahren nun auf seine Aktualität überprüfen lassen und hat einen Antrag dazu gestellt. „Stuttgart ist verkehrstechnisch nicht auf der Höhe der Zeit“, findet Blind. Andere Städte, so argumentiert die SPD, nutzten das Instrument Tempo 30 viel intensiver.

„Ich bin mir sicher, dass die SSB auf der Fasanenhofstraße nicht mehr Busse einsetzten müssten, wenn die Straße in eine Tempo-30-Zone umgewandelt würde“, sagt Blind. Denn auf dieser Route sei es ohne Probleme möglich, die Pausenzeit des Busfahrers zu verkürzen.

Polizei muss häufiger kontrollieren

Auch in den übrigen Filderbezirken sieht Blind Potenzial – zumindest streckenweise. Ein Beispiel dafür sei die Schemppstraße in Sillenbuch. „Dort fließt viel Durchgangsverkehr“, räumt Blind ein, „allerdings liegen auch mehrere Kindertagesstätten und das Seniorenstift Augustinum an der Straße.“ Sie schlägt vor, vor Schulen, Kindergärten, Sportstätten und Seniorenheimen generell Tempo-30-Zonen einzurichten. Damit die Autofahrer auch tatsächlich den Fuß vom Gas nähmen, müsse die Polizei dort häufiger kontrollieren und der Tempo-30-Bereich umgestaltet werden. „Indem man die Straße optisch verschmälert“, schlägt Blind vor. Das müsse nicht teuer sein – das belegten die Querparkplätze an der Kurt-Schumacher-Straße auf dem Fasanenhof.

Blind wehrt sich gegen den Vorwurf, die SPD wolle langfristig die ganze Stadt zu einer Tempo-30-Zone zu machen. „Jeder Bürger darf in Stuttgart Auto fahren“, sagt sie. „Es geht uns nur um die Geschwindigkeit. “ Ruhigeres Wohnen, mehr Sicherheit für Fußgänger vor Schulen, Sportstätten und Seniorenheimen und ein attraktiveres Einkaufen – dies verspricht sich Blind davon, wenn das Tempo um 20 Kilometer pro Stunde gedrosselt wird.

Doch Bernd Eichenauer, Leiter der städtischen Straßenverkehrsbehörde, bremst die Erwartungen. „Uns ist nicht klar, nach welchen Kriterien die SPD die Straßen ausgesucht hat.“ Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer könne nur ein Kriterium sein, so Eichenauer. Für ein „schlüssiges Gesamtverkehrskonzept“ müsse man auch andere Komponenten, etwa die Luftreinhaltung und den Verkehrsfluss, im Auge halten. „Was, wenn sich der Verkehr dann staut und die Fahrer auf andere Straßen ausweichen?“, fragt er. Was, wenn unter dem Straßenabschnitt, der Tempo-30-Zone werden soll, eine Gasleitung liegt? „Dann ist es Makulatur, dort Bäume zu pflanzen, um die Straße optisch zu verengen“, sagt er.

„Kuhn hat viel vor mit dem Straßenvorbehaltsnetz“

Nicht nur die SPD, auch Rolf Schlierer, Stadtrat der Republikaner, hat einen Antrag zum Vorbehaltsstraßennetz gestellt. Dennoch will Eichenauer seine Planer vorerst nicht an die Arbeit schicken. Der Grund: im Januar wird Fritz Kuhn als neuer Oberbürgermeister eingeführt. „Er hat viel vor mit dem Straßenvorbehaltsnetz – geben wir ihm doch Zeit, ein Gesamtkonzept vorzulegen“, sagt Eichenauer.

Zudem verweist er auf die Haushaltsberatungen, die im kommenden Jahr anstehen. „Das wäre ein geeigneter Zeitpunkt, über das neue Konzept zu diskutieren“, findet Eichenauer. „Dann können wir planen und rechnen.“

Roswitha Blind will sich davon nicht beirren lassen. Sie zeigt sich über die Reaktion der Straßenverkehrsbehörde verärgert: „Das sind schwache Argumente.“ Sie ist überzeugt, dass es keine Widersprüche zwischen den im SPD-Antrag genannten Straßen und dem Gesamtverkehrskonzept des grünen Oberbürgermeisters geben wird. „Ich glaube nicht, dass die Straßenverkehrsbehörde etwas rückgängig machen muss.“ Es gebe keinen Grund, den SPD-Antrag nicht jetzt zu bearbeiten.