Das rund 17 Tonnen schwere Spiegelteleskop von Sofia befindet sich im hinteren Rumpf des Flugzeugs Foto: Nasa

Wie entstehen Sterne und Planeten? Bei der Antwort auf diese Frage spielt das Deutsche Sofia Institut in Stuttgart seit zehn Jahren eine entscheidende Rolle. „Zehn Jahre voll spannender Momente“, sagt der Universitäts-Rektor Ressel.

Stuttgart - Wie ist die Erde entstanden? Wie entstehen Sterne und Planeten? Diesen Fragen widmet sich das Deutsche Sofia Institut (DSI) am Raumfahrtzentrum an der Universität Stuttgart. Am Dienstag feierte es sein zehnjähriges Jubiläum. „Zehn Jahre voller spannender, aber auch ungewisser Momente“, sagt Universitäts-Rektor Wolfram Ressel.

Sofia – das ist die Abkürzung für ein Stratosphären-Observatorium für Infrarotastronomie. Auf gut Deutsch heißt das: Ein umgebauter Jumbojet vom Typ Boeing 747 SP fliegt mit einem 17 Tonnen schweren Infrarotteleskop an Bord um den Globus und fotografiert dabei die Sterne. Die Bilder liefern Astronomen Kenntnisse über die Entstehung junger Sterne und Planetensysteme. So startete Sofia 2013 zum Beispiel aus Neuseeland in Richtung Antarktis, um das Zentrum der Milchstraße und die Magellanschen Wolken zu erforschen.

Auch die Geheimnisse weit entfernter, junger Galaxien können mit Sofia – zumindest zum Teil – gelüftet werden. Mit seinem Teleskop nimmt Sofia das Licht dieser Galaxien auf. Wegen der Lichtgeschwindigkeit sieht man zwar nur, wie diese vor Milliarden von Jahren existiert haben. Durch die infrarote Beobachtung können die Wissenschaftler von Sofia aber einen Blick in die Entstehungsphase der Galaxien werfen: Wenn sie weit genug entfernt sind, werden ihre Signale vom sichtbaren in den infraroten Bereich verschoben. Das ist so, weil das Universum sich ausdehnt. Die Wellenlänge der Strahlung von Galaxien wird mitgedehnt und verschiebt sich in den Infrarot-Bereich.

Nun stellt sich die Frage: Warum werden diese Bilder nicht vom Boden aus gemacht? Ganz einfach: Das infrarote Licht dieser Objekte ist vom Boden aus nur schlecht zu empfangen. Der Wasserdampf in der Erdatmosphäre ist für diese Strahlung unpassierbar. Daher kreist der fotografierende Jumbo in 14 Kilometer Höhe. Dabei sind die Bedingungen am Boden anders: Statt für einen ganzen Tag, wie es in erdgebundenen Observatorien üblich ist, werden die Beobachtungszeiten bei Sofia stundenweise vergeben. „Wir müssen einen bestimmten Kursplan abfliegen“, erklärt Alfred Krabbe, Leiter des Sofia-Instituts.

Der ganze Spaß kostet 700 Millionen Euro. Davon übernimmt die Nasa bei diesem deutsch-amerikanische Projekt 80 Prozent. Den Rest steuert das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) bei.

Der Jumbojet fliegt etwa 80 Mal pro Jahr mit Wissenschaftlern in die Höhe. „In den kommenden Jahren soll sich der Betrieb auf durchschnittlich drei Flüge in der Woche steigern“, sagt Eddie Zavala, Sofia-Leiter bei der Nasa. Dabei schickt das Sofia-Institut in Stuttgart seit 2004 deutsche Wissenschaftler in die Troposphäre. Außerdem leitet das Institut ein Programm, bei dem Lehrer mit an Bord gehen dürfen. „Wir machen das natürlich nicht, weil Fliegen so schön ist“, sagt Alfred Krabbe, Leiter des Sofia-Instituts. „Wenn die Lehrer sehen, was da oben vor sich geht, können sie ihren Schülern das ganz anders vermitteln.“

Finanziert wird das Sofia-Institut jedes Jahr mit mehr als fünf Millionen Euro. Den Großteil stemmt das DLR, die Universität Stuttgart übernimmt 15 Prozent jährlich. Auch das Land Baden-Württemberg steuert ab und zu etwas bei – es hat zum Beispiel den Bau des neuen Raumfahrtzentrums bezahlt. Das Sofia-Institut beschäftigt 30 Mitarbeiter – davon sind jedoch nur neun in Stuttgart. Die anderen arbeiten in den USA. Im nächsten halben Jahr wird Sofia wieder nach Neuseeland fliegen. „Von der Mission 2013 schwärmen immer noch alle, die dabei waren“, berichtet Krabbe. „Das Wetter auf dem Boden war zwar schlecht, doch über den Wolken hatte man hervorragende Sicht.“