Zeiss-Mitarbeiter in Oberkochen arbeitet an Fertigungsmaschine. Foto: Zeiss

Verzögerungen und schleppende Umsätze im Chip- und Halbleitermarkt haben dem Technologiekonzern Zeiss das Geschäft verhagelt. Gewinne fährt man dennoch ein.

Stuttgart/Oberkochen - Eine seit Jahren angekündigte Großinnovation im Mikrochipgeschäft lässt weiter auf sich warten. Wie der Vorstandschef des Technologie-Unternehmens Zeiss, Michael Kaschke, am Dienstag in Stuttgart ankündigte, werde sich die Serienreife einer neuen Maschinengeneration für die Halbleiterbranche voraussichtlich bis ins Geschäftsjahr 2017/18 (Stichtag: 30. September) verzögern. Ursprünglich war man von einer drei Jahre früheren Markteinführung ausgegangen.

Bei der neuen Technologie handelt es sich um ein Fertigungsverfahren, mit dem die Miniaturisierung von Mikrochips entscheidend vorangetrieben werden kann. Elektronische Geräte wie Laptops oder Smartphones werden damit kleiner und deutlich leistungsfähiger. Nach dem dabei zum Einsatz kommenden extrem ultravioletten Licht wird das Verfahren als EUV-Lithografie bezeichnet. Zeiss treibt die Technologie seit rund einem Jahrzehnt voran – mittlerweile zusammen mit dem Ditzinger Maschinenbauer Trumpf und dem niederländischen Automatisierungsspezialisten ASML. Die Oberkochener liefern die anspruchsvollen Optiken und Linsen. Trumpf ist für die zum Einsatz kommenden Laser zuständig, ASML für die Integration der Systeme in die Fertigungsanlagen.

Rund 500 Millionen Euro hat allein Zeiss bislang in EUV-Technologien investiert, aber derweil nur Prototypen an Kunden ausgeliefert. Optimistisch ist man dennoch, denn Konkurrenten wie Canon oder Nikon beherrschen das neue Verfahren nicht. Gleichzeitig ist es nach Aussagen Kaschkes nötig, damit die Halbleiterindustrie neue Chipgenerationen fertigen kann. „Die Halbleiterindustrie wartet händeringend darauf“, sagte Kaschke, dessen Unternehmen 2014/15 einen Umsatz von fast 4,6 Milliarden Euro eingefahren hatte.

Neue Brillengläser sollen mehr Sicht beim Autofahren verleihen

Während neue Technologien also noch nicht zur Verfügung stehen, sinkt gleichzeitig die Nachfrage nach älteren Maschinen zur Mikrochipfertigung. Beides vermengt sich für Zeiss derzeit zu einer unguten Mischung: Im abgelaufenen Geschäftsjahr sind die Umsätze in der prestigeträchtigen Halbleitersparte der Oberkochener um 15 Prozent auf 893 Millionen Euro zurückgegangen. „Ohne unsere breite Aufstellung in den Märkten hätten wir es nicht geschafft, das auszugleichen“, sagte der Zeiss-Chef.

Außer als Zulieferer für Chiphersteller ist Zeiss auch noch auf drei anderen Geschäftsfeldern aktiv. Die Sparte industrielle Messtechnik und Mikroskopie sei mit Umsätzen von 1,36 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr „sehr gut aufgestellt“. Hier liefert Zeiss beispielsweise Prüfeinrichtungen und Sensorik für die Autobranche. Ein neues Mikroskop, das es professionellen Anwendern ermöglicht, 3-D-Bilder herzustellen, habe sich zu einem „wahren Verkaufsschlager“ entwickelt, hieß es. Dennoch werde in diesem Bereich das bestehende Kostensenkungsprogramm weitergeführt, sagte Kaschke.

Zeiss drückt seit Monaten konzernweit auf die Kostenbremse und will so jährlich Beträge im „deutlichen dreistelligen Millionenbereich“ einsparen, etwa durch eine Bündelung des Wareneinkaufs, bessere Prozesse und Standortzusammenführungen. In der dritten Sparte – Medizintechnik – verbuchte Zeiss mit 16 Prozent ein dickes Umsatzplus auf 1,2 Milliarden Euro. Eine echte Neuerung gibt es im Optik-Segment für Endkunden. Hier hat das Unternehmen Brillengläser entwickelt, die beispielsweise die Blendwirkung von Licht beim Autofahren mindern und in der Dämmerung für mehr Durchblick sorgen.

Kosten für Betriebsrenten sinken

Außerdem hat Zeiss seine Betriebsrentenvorsorge für Mitarbeiter von einer Festverzinsung auf ein flexibleres, vom Unternehmenserfolg abhängiges System umgestellt, was für das Stiftungsunternehmen deutlich billiger kommt. Die Vereinbarungen seien im Konsens mit den Arbeitnehmern getroffen worden, sagte Kaschke. Die Tarifmitarbeiter erhalten 2014/15 eine Erfolgsprämie von durchschnittlich 800 Euro brutto. Für das laufende Geschäftsjahr geht Zeiss von einem „leichten Umsatzplus und einer leicht gesteigerten Umsatz-Rendite“ (Ebit) aus. Diese beträgt aktuell acht Prozent. Die Mitarbeiterzahl soll konstant bleiben, das Kostensenkungsprogramm aufrechterhalten werden. Kaschke: „2015/16 wird nicht einfach.“