Endlich dürfen sie wieder wie sie wollen und ohne als Vorfilm für eine Talkshow dienen zu müssen. Die Kieler „Tatort“-Kommissare jagen einen Polizistenmörder und dessen Auftraggeber.
Stuttgart - Endlich dürfen sie wieder ermitteln. Und sind nicht der Vorfilm für die Talkshow. Ihr letzter Einsatz im Umfeld einer Moschee war grauslig und voller Klischees, weil sie Gesprächsstoff für Anne Will bieten sollten. Nun werden die Kieler Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) wieder von der Leine gelassen.
Und Regisseur David Wnendt führt sie glücklicherweise an der ganz langen Leine, er traut seinen Figuren,– und er traut den Zuschauern zu, dass sie Witz haben und intelligent sind. Wnendt hat bisher drei Filme gedreht: „Die Kriegerin“, „Feuchtgebiete“, und „Er ist wieder da.“ Erfolgreiche Kinofilme, aber völlig verschieden. Er fühlt sich in unterschiedlichen Genres wohl, das merkt man seinem ersten Fernsehfilm an. Sein anderer Blick, seine Lust am Schrägen, spiegeln sich in diesem „Tatort“ wieder.
Die Geschichte an sich ist nicht sonderlich originell. Das wird die Traditionalisten freuen, 90 Minuten lang geht es darum, wer war’s? Wer hat einen Killer angeheuert, den Polizisten Jürgen Sternow umzubringen. Wer beseitigt Zeugen und Spuren? Doch die Bildsprache ist eine besondere, Borowski taucht gar als Zeichentrickmännchen ins Darknet ein, jenen dunklen Teil des Internets, der nur für Eingeweihte erreichbar ist, und in dem Waffen und Drogen gehandelt werden, sowie Killer ihre Dienste anbieten.
Doch obacht, der Film ist kein Klamauk. Es geht zur Sache. Um manche Szene zu goutieren, braucht es einen schrägen Humor. Selbst Pralinen und Hotelspiegel sind hier gefährlich. Wnendt hält aber die Waage, nie wird es zu skurill und nie vergisst er, dass der „Tatort“ ein Krimi ist. Ein ungewöhnlicher fürwahr, aber ein spannender. Dabei hilft, dass der NDR nicht die üblichen Fernsehgesichter einsetzt. Maximilian Brauer spielt den Killer Hagen Melzer, sonst ist er an der Berliner Volksbühne zu sehen. Jochen Hägele ist in Stuttgart geboren, er lebt in Frankreich und hat dort viele Kinofilme gedreht. Er spielt den Staatsanwalt Tom Austerlitz, der Sarah Brandt umgarnt und Wolfsfallen sammelt. Und Borowski darf sich verlieben. In Sabine. Keine Angst, es wird nicht zu privat. Am Ende gibt er ihr den Laufpass. Und wirft zudem ein Vermögen zum Fenster hinaus.
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr