Und zack ist die Geldbörse weg – zwei Taschendiebinnen sind jetzt verurteilt worden Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat zwei Frauen wegen etlichen Taschendiebstählen zu Freiheitsstrafen verurteilt. Eine 31-jährige Frau und ihre 19 Jahre alte Cousine sollen Profi-Taschendiebinnen sein.

Stuttgart - Wie zwei Häufchen Elend sitzen sie auf der Anklagebank vor der 2. Strafkammer des Landgerichts. Tränen fließen, noch ehe der Staatsanwalt den Anklagesatz zu verlesen beginnt. Die 31-jährige Frau und ihre 19 Jahre alte Cousine sollen Profi-Taschendiebinnen sein. 53 Taten des bandenmäßigen Diebstahls und des Computerbetrugs wirft der Ankläger den beiden Bulgarinnen vor.

Zwischen Anfang April 2013 bis zum 19. März dieses Jahres waren die zwei Frauen im Großraum Stuttgart und darüber hinaus unterwegs, um arglose und leichtsinnige Opfer zu bestehlen. In Supermärkten, auf der Straße, in allerlei Geschäften. In Stuttgart, in den Kreisen Esslingen, Ludwigsburg, Rems-Murr bis hin nach Heilbronn und Aalen. Mit von der Partie soll eine dritte Frau gewesen sein, derer die Polizei noch nicht habhaft werden konnte.

In wechselnder Besetzung, zum Teil auch solo, sollen die Frauen Geldbörsen aus Taschen und Jacken gestohlen haben. In etlichen Fällen fielen ihnen so auch die EC-Karten der Opfer in die Hände, was die Diebinnen immer schnell zu nutzen wussten. Denn viele der Opfer hatten die Geheimnummer gleich auf der Karte oder im Geldbeutel vermerkt. Also marschierten die Täterinnen zum nächstgelegenen Bankautomat und hoben Beträge zwischen 100 und 4000 Euro ab. Insgesamt soll die Beute rund 30 000 Euro betragen haben.

Beim Geldabheben waren sie unvorsichtig. Denn von den illegalen Abhebungen existieren mehrere Überwachungsfotos der Frauen, auf denen sie gut zu erkennen sind. Die zwei Angeklagten wurden am 10. April dieses Jahres festgenommen.

In der Anklage taucht kein Hinweis auf etwaige Hintermänner auf. Es darf aber als unwahrscheinlich gelten, dass die Frauen auf eigene Faust gestohlen haben. Ihre Verteidiger Jens Rabe und Marko Becker haben jedenfalls angekündigt, ihre Mandantinnen würden Geständnisse ablegen – was dann vor der 2. Strafkammer auch taten.

Beide Frauen schauen auf ein bisher ziemlich tristes Leben zurück. Die Jüngere durfte gerade einmal vier Jahre zur Schule gehen, ehe sie ins Heim gesteckt wurde. Mit 15 wurde sie schwanger, ihre Freund prügelte ihr das Ungeborene tot. Mit 17 Jahren kam sie zu ihrer mitangeklagten Cousine nach Duisburg. Sie arbeitete ohne Papiere in bulgarischen Lokalen, wo sie schamlos ausgebeutet wurde. Dann putzte sie deutsche Wohnungen – für vier Euro die Stunde. Schließlich ging sie mit ihrer Cousine stehlen. In ihrer Heimat wird die junge Frau ebenfalls wegen eines Diebstahls mit Haftbefehl gesucht.

Viel lustiger ist das Leben der 31-jährigen Cousine bis dato auch nicht verlaufen. Sie hat nie eine Schule besucht. Lesen, Schreiben: Fehlanzeige. Mit 15 hat sie in einen Clan von Landfahrern eingeheiratet – ob freiwillig, lässt sie offen. Sie ist fünffache Mutter, ihr Ehemann, inzwischen ist sie geschieden, hat sie schon früh mit zum Stehlen genommen, auch in Deutschland. Sieben Diebstahls-Vorstrafen stehen bei ihr zu Buche.

Am Ende verurteilt die 2. Strafkammer die Jüngere zu drei Jahren Jugendstrafe. Ihre Cousine wird mit zwei Jahren und drei Monaten bestraft, weil sie laut Beweisaufnahme weniger Diebstähle begangen hat. Allerdings ist sie Bewährungsbrecherin, sie wird länger sitzen müssen.