Fünf Prozent gefordert: Wie viel Prozent mehr Gehalt am Ende herausspringt, wird sich bei den finalen Verhandlungen in Westdeutschland zeigen. Foto: dpa

Der mächtige Tarifbezirk Baden-Württemberg wird nicht Schauplatz des Pilotabschlusses in der Metall- und Elektroindustrie. Die Verhandlungen in Nordrhein-Westfalen sind so weit vorangeschritten, dass dort am Donnerstag die Lösung gelingen soll.

Stuttgart - Überraschen kann dies nach den vielversprechenden Verhandlungen am Montagabend in Neuss nicht mehr – aber nun ist klar, dass der Pilotabschluss für die 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen erzielt werden soll. Am Donnerstagnachmittag wollen sich die Unterhändler in Köln ein fünftes Mal treffen. Ein Durchbruch ist somit spätestens in der Nacht zu Freitag zu erwarten.

Auf den Lösungsversuch im Westen haben sich am Dienstagmorgen getrennt voneinander der Vorstand der IG Metall und die Führung der Arbeitgeber verständigt. Offenbar ist die Kompromissbereitschaft in NRW größer als in Baden-Württemberg. Dort hatten die Arbeitgeber einen konsequenten Kurs eingeschlagen, wonach es eine grundsätzliche Trendwende zu niedrigen Lohnsteigerungen geben müsse. Die für diesen Mittwoch in Ludwigsburg geplanten Verhandlungen wurden auf den Freitag geschoben – üblicherweise wird dann der am Rhein erwartete regionale Tarifabschluss ohne große Veränderungen für Baden-Württemberg nachvollzogen.Weil die IG Metall die Warnstreiks fortführen will – etwa am Mittwochvormittag bei Daimler in Untertürkheim – fordert Südwestmetall-Chef Stefan Wolf deren sofortigen Stopp. Die Aktionen seien nicht mehr gerechtfertigt. Ohnehin würden die Betriebe im Südwesten wieder besonders beeinträchtigt. Bis zu 170 000 Teilnehmer zählt die IG Metall Baden-Württemberg seit dem Ende der Friedenspflicht. Dabei seien, so Wolf, an den ersten Warnstreiktagen rund ein Drittel mehr Ausfallstunden registriert worden als zu demselben Zeitpunkt der vorigen Tarifrunde. Es sei „nicht nachvollziehbar“, weshalb man erneut „die weit überproportionale Hauptlast“ habe ertragen müssen.

Miniinflation sichert Reallohnzuwachs

Am Montagabend hatten sich die Unterhändler speziell darüber ausgetauscht, wie sie allen Betrieben im Abschluss gerecht werden können – auch den Unternehmen, die unter aktuellen globalen Risiken leiden. Eine solche Differenzierungsklausel hatten zuletzt beide Seiten befürwortet. Ferner haben IG Metall und Arbeitgeberverband ihre Schmerzgrenzen beschrieben, so dass am Donnerstagabend um die konkreten Lohnzahlen gerungen werden kann.Wolf dämpfte vorsorglich die Erwartungen der Gegenseite: „Die IG Metall muss erkennen, dass auch eine deutlich niedrigere Erhöhung als in den Vorjahren für die Beschäftigten einen sehr guten Abschluss bedeuten kann“, sagte er. „Denn bei einer Inflation nahe Null bedeutet praktisch jede Lohnerhöhung auch ein echtes Plus im Geldbeutel der Beschäftigten.“ Zudem plädierte der Verbandschef erneut für eine längere Laufzeit des Tarifabschlusses: „Das würde den Betrieben in Zeiten zunehmender Konjunkturrisiken mehr Planungssicherheit geben und zusätzliche Möglichkeiten für eine Differenzierung eröffnen.“

Baden-Württemberg hat weiter die Nase vorn

Nordrhein-Westfalen war zuletzt 2000, 2006 und 2010 Schauplatz des Pilotabschlusses. Baden-Württemberg kam im gleichen Zeitraum sechsmal dran. Dieses Wechselspiel wurde nur 2013 von den Bayern unterbrochen. Ohnehin ist NRW mit 1200 tarifgebundenen Betrieben der klar mitgliederstärkste Verband der Arbeitgeber. Hinzu kommen 1000 verbandsgebundene „OT-Betriebe“ (ohne Tarifbindung). Der Bezirk ist sehr mittelständisch geprägt: Im Schnitt haben die Betriebe 200 bis 300 Beschäftigte. In NRW war daher der Unmut der Arbeitgeber über den Südwest-Abschluss von 2015 besonders groß – auch ein Grund, jetzt dort das Ergebnis zu suchen.