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Der Deutsche Tanzverband (DTV) kann sich kaum beklagen. Im Bereich der Trainer ist der Verband derzeit gut aufgestellt. Auch weil er Typen wie Sven Traut in seinen Reihen hat.

Stuttgart - Eigentlich hat Sven Traut nie etwas anderes gemacht als zu tanzen. Seit 40 Jahren liebt er die Show auf dem Parkett. Schon sein Opa und Vater waren Tänzer, und so ist es nicht verwunderlich, dass der gebürtige Erfurter sich nach seiner aktiven Zeit für den Job des Tanztrainers entschieden hat. Manchmal muss er dabei aber in ganz ungewohnte Rollen schlüpfen – wie in Stuttgart. Vor zwei Jahren hat er seinem Schützling Dumitru Doga kurz vor seinem Auftritt bei den German Open Championships (GOC) zum Beispiel noch die Haare geschnitten. „Ich war auch schon fürs Schminken zuständig. Bei einem Turnier nimmt man den Paaren ab, was geht, räumt ihnen die Steine aus dem Weg“, sagt Sven Traut.

Das Ergebnis: Dumitru Doga und seine Partnerin Sarah Ertmer wissen Trauts Engagement zu schätzen. „Man fühlt sich bei ihm sicher. Er ist Mädchen für alles, und ich trainiere bei ihm, seit ich elf bin“, sagt Sarah Ertmer. Auch zum Auftakt der diesjährigen GOC war das Duo froh über die Unterstützung, über den Blickkontakt bei ihrem Auftritt im Beethovensaal, als sie in der Kategorie Adult Rising Star Latin an den Start gingen. Denn Sven Traut ist für sie da. Er gibt ihnen nach jedem Tanz das nötige Feedback, baut sie auf, korrigiert. Die nächste Runde haben seine Schützlinge so in einem großen Feld problemlos erreicht.

Doga/Ertmer starten für den TD TSC Düsseldorf und sind wie ihr Trainer Spezialisten über Zehntänze. Sven Traut holte sich 1995 mit Sybill Daute in dieser Disziplin den Weltmeistertitel.

Seit 2005 ist er beim Deutschen Tanzsportverband (DTV) als Verbandstrainer für den Bereich Standard angestellt. Sechs weitere Kollegen betreuen bundesweit diese Sparte unter der Regie von Bundestrainerin Martina Weßel-Thehorn, für Latein sind acht Trainer zuständig. „Wir sind für die nächsten Jahre ganz gut aufgestellt und auch der Austausch untereinander klappt problemlos“, sagt Traut, der sich im Jahr um bis zu 15 Paare kümmert. Auch die Altersmischung unter den Trainern stimmt – der älteste ist 75. „Wir sind froh, dass wir auf dieses Wissen und diese Erfahrung zurückgreifen können“, sagt Sven Traut.

Um seinen Schützlingen die langen Anfahrten zu seiner Basis nach Castrop zu ersparen, reist er viel herum. „Das ist nicht immer ganz familienfreundlich, aber ich schaue, dass ich die Paare entlasten kann“, gibt der zweifache Familienvater zu.

Sarah Ertmer und Dumitru Doga haben in dieser Hinsicht – im Gegensatz zu vielen anderen Paaren in Deutschland – Glück. Sie wohnen in Düsseldorf und damit nicht weit weg von ihrem Coach. Beide trainieren mindestens einmal die Woche mit dem 46-Jährigen. Über die Jahre haben sie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. „Wir sind alle zielstrebig. Aber er sagt auch mal, dass ich mich, statt zu trainieren, lieber auf die nächste Klausur an der Uni vorbereiten soll“, sagt Sarah Ertmer, die medizinische Biologie studiert. Ihr Partner hat in Moldawien Sport studiert und macht jetzt eine Ausbildung zum Tanztrainer.

Allerdings: Sven Traut betreut in Stuttgart auch noch die Vizeweltmeister im Kür Standard, Valentin und Renate Lusin, die seit Mai ein Ehepaar sind und an diesem Mittwoch anreisen werden. Zudem ist er noch für Lisa Rykowski (16) und Erik Kemp (18) verantwortlich. „Der Job geht durch alle Klassen. Das macht das Ganze auch so spannend“, verrät er.

Manchmal ist aber auch der Einfluss von Sven Traut begrenzt. Vor allem bei jungen Tänzern. Denn für sie ist es nicht einfach, den Übergang zu den Aktiven zu schaffen. „Es hängt davon ab, für welche Ausbildung oder welches Studium sie sich entscheiden. Manche springen ab“, sagt Traut. Kemp/Rykowski, die in Stuttgart im Vorjahr Sechste im Finale bei den Junioren geworden sind, werden am Ball bleiben. Auch wegen Sven Traut. Er muss jedenfalls nicht lange überlegen, als er das Profil eines erfolgreichen Trainers skizziert. Fingerspitzengefühl, soziale Intelligenz, jede Menge Idealismus und natürlich die Liebe zum Tanz stehen auf seiner Liste. „Und man muss auch ein Freund für die Tänzer sein und natürlich immer offen für Trends“, sagt er.

Aus gutem Grund übrigens: Der Tanzsport hat sich in den vergangen zehn Jahren stark verändert, nähert sich immer stärker der optimalen Balance zwischen Sport und Kunst an. Man habe sich auch Dinge aus anderen Sportarten abgeschaut. Sven Traut sagt: „Früher waren wir Paradiesvögel, deren Persönlichkeit im Mittelpunkt stand. Jetzt kommt es mehr auf die Technik und Physis an.“ Und letztlich natürlich auch auf den Trainer.