Claudia Köhler und Benedetto Ferruggia wollen auch bei den Profis zu den Besten gehören, in Stuttgart reichte es schon für Rang zwei. Foto: Pressefoto Baumann

Wenn Claudia Köhler und Benedetto Ferruggia aufs Parkett gehen, verlassen sie es als Sieger. So war das zumindest bisher. Nun hat das Tanzpaar vom TSC Astoria Stuttgart die Lager gewechselt und musste sich bei den GOC in Stuttgart mit Rang zwei begnügen.

Stuttgart - Was macht jemand, der in seiner Sportart alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt? Für ihn gibt es drei Möglichkeiten. Er kann aufhören. Er kann versuchen, alles noch mal zu gewinnen – oder er sucht sich eine neue Herausforderung. Claudia Köhler und Benedetto Ferruggia (beide 33) haben sich für die dritte Variante entschieden. Nein, sie haben nicht die Sportart gewechselt. Aber sie tanzen jetzt anders. In einer anderen Klasse. Aus den Amateuren wurden Profis. „Es war an der Zeit, zu wechseln“, sagt Köhler und erklärt eines der ungeschriebenen Gesetze in der Tanzsportwelt: „Wenn man alles gewonnen hat und in einem bestimmten Alter ist, tritt man ab. Auch um den anderen Paaren eine Chance zu geben.“

Alles gewonnen hat das Paar vom TSC Astoria Stuttgart in der Tat. Mehrfach: Dreimal waren Köhler und Ferruggia Weltmeister im Standardtanz, viermal gewannen sie bei einer Europa-, sechsmal bei einer deutschen Meisterschaft. Bei den Amateuren.

Jetzt gehört das Tanzpaar, das auch privat liiert ist, zu den Professionals – und es schien gerade so weiter zu gehen. Zwei Turniere haben Köhler und Ferruggia bereits für sich entschieden, eines in Wuppertal und eines in Bologna. Hinzu kam die Goldmedaille bei den World Games, den Weltspielen für nichtolympische Sportarten. Bei den German Open Championships (GOC/bis 17. August) wollten die beiden am Eröffnungstag ihren sechsten Erfolg in Stuttgart feiern. Dabei lieferten sich die amtierenden Amateur-Weltmeister aus Stuttgart und die Profi-Weltmeister Mirko Gozzoli und Edita Danuite, die mittlerweile für Litauen starten, ein heißes Duell im Kampf um den Sieg, welches die 1700 Zuschauer in der Liederhalle zeitweise von den Sitzen riss. Am Ende musste sich das deutsche Paar mit Rang zwei begnügen – und war dennoch zufrieden.

Der Verband macht den Unterschied

Platz zwei bei den Profis, das ist ja noch besser als Rang eins bei den Amateuren, könnte man nun denken. Doch das stimmt nicht. Es ist nicht besser, es ist nur anders. Die Bezeichnung „Amateure“ im Tanzsport ist für Laien nämlich ziemlich irreführend. Wer an Amateure denkt, denkt schließlich an jene, die mit dem, was sie tun, nicht ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Amateurhaft bedeutet umgangssprachlich dilettantisch. Der Tanzsport aber hat eigene Regeln. Auch als Köhler und Ferruggia noch Amateure waren, bestimmte das Tanzen ihr Leben. Ihre Brötchen und was sonst noch dazu gehört, verdienten sie mit Turnieren, Showauftritten und als Tanzlehrer. „Der Unterschied“, erklärt Claudia Köhler, „ist allein der Verband.“ Bislang startete das Stuttgarter Paar beim Deutschen Tanzsportverband (DTV) beziehungsweise bei der World Dance Sport Federation (WDSF), nun gehören sie der Unterorganisation Professional Division (PD) an. Diese steht seit 2011 in Konkurrenz zum Deutschen Professional Tanzsportverband (DPC) und zum World Dance Council (WDC), die ebenfalls Profi-Turniere ausrichten. Ähnlich wie im Boxsport gibt es auch beim Tanzen unterschiedliche Verbände.

Das klingt alles reichlich kompliziert, und das ist es auch. Köhler und Ferruggia, die seit 2004 zusammen tanzen, aber kann das egal sein. „Für uns hat sich eigentlich kaum etwas geändert“, sagt Köhler, „wir tanzen die selben Tänze, nur die Gegner sind andere.“ Und zumindest an diesem Dienstag war einer davon besser als die Profi-Neulinge.