Bei der Theateraufführung „Café Babel“ dreht sich alles um Verständigung. Foto: Stoppel

Ein multinationales Ensemble bringt im Kulturhaus Schwanen das Publikum zum Tanzen. 30 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von elf bis 24 Jahren aus acht Nationen treten auf. Die Aufführung scheint vor Lebensfreude zu bersten.

Waiblingen - Babel – der Name des Cafés in der gleichnamigen Theaterperformance ist mehrdeutig. Einerseits erzählt das Alte Testament der Bibel von der babylonischen Sprachverwirrung, mit der Gott die anmaßenden Menschen schlägt, die den Turm zu Babel bis in den Himmel bauen wollen: Plötzlich redet jeder in einer anderen Sprache, keiner versteht mehr, was die Menschen um ihn herum sagen. Andererseits steht Babel auch für die Vielfalt an Kulturen und Sprachen, die es auf dieser Welt gibt. Und das besagte Café Babel steht insbesondere dafür, wie Sprachlosigkeit zwischen Kulturen überwunden werden kann – wenn man das will.

Leise und berührend oder mit Furor und zum Brüllen komisch

Es ist ein außergewöhnliche Theaterprojekt, dieses Café Babel. So sitzen am Mittwochabend die Gäste im Saal des Waiblinger Kulturhauses Schwanen nicht wie gewohnt in Reihen vor der Bühne, sondern an Café-Tischen, die im Raum verteilt sind. Wer zum Ensemble des Stücks zählt und wer Zuschauer ist, das kann man zu Beginn nicht wissen. Das Geschehen beginnt urplötzlich mitten im Saal, der zu einem Kaffee- oder Teehaus des Nahen Ostens wird, die Handlung springt von Tisch zu Tisch. Menschen unterschiedlichster Kulturen beginnen Gespräche, berichten von ihren Schicksalen – manchmal ganz leise, auf eine berührende Art, manchmal mit Furor und zum Brüllen komisch.

Da ist die Frau, die sich nach ihrer verlorenen Liebe sehnt, da sind Menschen, die sich in Zahlen ausdrücken. „Wie heißen Sie? „220.“ Wo wohnen Sie?“ „In 110.“ „Welche Straße?“ „15“. Und dann sind da an einem Tische die drei urkomischen Experten in der Frage, was Frauen wollen – auch zwischen den Geschlechtern herrschen oft jede Menge Missverständnisse.

Vom Absurden, Lauten, Schnellen springt das Ensemble, das vor Spielfreude schier zu platzen scheint, mühelos im nächsten Moment in ein ruhiges, nachdenkliches Tempo. Das Publikum ist immer involviert, den jungen Schauspielerinnen, Tänzern, Sängerinnen und Musikern entkommt keiner: am Ende tanzen alle im Saal, die Mitwirkenden wie das Publikum.

Drei Sprachen wurden während der Proben gesprochen

Die außergewöhnliche Theaterperformance wurde vom Schwanen zusammen mit dem Kreishaus der Jugendarbeit und der Stadt Waiblingen auf die Beine gestellt, weitere Aufführungen gibt es am Samstag und Sonntag. Außergewöhnlich ist nicht nur die Performance, sondern auch die Zusammensetzung des Ensembles. Während der Proben wurde in Englisch, Arabisch und Deutsch gesprochen. Die Darsteller stammen aus Waiblingen und Umgebung sowie den Flüchtlingsunterkünften der Umgebung. Es sind also Nationalitäten aus dem Nahen Osten und Afrika vertreten, zusammengenommen aus einem riesigen Gebiet, die sich nun alle auf engstem Raum begegnet sind und gemeinsam leben.

30 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von elf bis 24 Jahren aus acht Nationen haben in den vergangenen fünf Monaten ihre eigenen Lebensgeschichten, Musik, Ideen und Wünsche zusammengetragen, in Szene gesetzt, geprobt und geben alles. Das spürt man, die Aufführung scheint vor Lebensfreude zu bersten.

Ismene Schell, die Künstlerische Leiterin der Freien Bühne Stuttgart, der syrische Regisseur und Schauspieler Fadi Al-Sabbagh sowie die Gesangspädagogin Jenny Sprenger-Müller haben dem bunten Ensemble professionelle Unterstützung gegeben. Und die Theaterprofis haben ganz tief in die Kiste der Stilmittel gegriffen. Im Café Babel kommen Performance, Tanz, Musik, Clownstheater, Rezitation und mehr zum Einsatz – und das Publikum natürlich.