Sesshafte Kolosse: Rund 60 Kilogramm Gras und Wasserpflanzen frisst ein Fluspferd pro Tag – die tonnenschweren Hippos leben immer in der selben Wasserstelle, es sei denn sie trocknet eines Tages aus. Foto: Steffen Rometsch

Safari heißt schlicht "Reise". Inzwischen ist dieser Begriff zum Synonym für Abenteuer geworden.

Safari heißt auf Suaheli schlicht "Reise". Inzwischen ist dieser Begriff zum Synonym für einen Abenteuertrip in den afrikanischen Busch geworden, um Wildtiere zu beobachten. Eine Safari in Tansania ist dabei ein besonders fantastisches und exklusives Erlebnis.

Die erste Fotospeicherkarte ist voll, noch ehe wir die Lodge erreichen. Jedes Zebra, jede Antilope, jeder Pavian wird zehnmal abgelichtet, stehend, rennend, fressend, von vorn, von der Seite. Wir sind in der Serengeti, im Norden von Tansania, dem größten Land Ostafrikas, auf dem Weg von der Landepiste in Seronera zum Hotel. Auf der etwa 45-minütigen Fahrt begegnen uns geschätzte tausend Tiere. Büffel, Thomson-Gazellen, Impalas, Klippspringer, Buschböcke, Meerkatzen und unendlich viele Gnus. In der Sprache der Masai bedeutet "Serengeti" weites Land, und schon bald zeigt sich, dass diese Bezeichnung nirgendwo treffender sein könnte als hier.

Was in einem See aussieht wie Steine, die aus dem Wasser ragen, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine riesige Herde von Flusspferden, die aufgeregt durch ihre Nüstern schnauben und laut grunzen, als sie uns bemerken. Kaum drehen wir den Kopf zur anderen Seite, schaut uns eine Giraffe in die Augen. Still kauend steht sie da, mit stoischem, fast arrogantem Schlafzimmerblick verfolgt sie, was um sie herum geschieht – beobachtet die vorbeiziehenden Gnus, die Elefanten, die unter den Bäumen Schutz vor der Sonne suchen, die Touristen, die in ihrem offenen Jeep kaum wissen, wohin sie ihren Blick zuerst richten sollen. Reizüberflutung pur. "Ich rieche etwas in meiner Nase", sagt unser Fahrer Charmy Raphael, 32, schmunzelnd, um kurzerhand wieder einen Umweg einzulegen. Jeder einzelne lohnt sich. Auf einer Felsengruppe räkeln sich zwei Löwen in der Mittagssonne, einige Kilometer weiter umwirbt ein junger Leopard eine Artgenossin, die aber nur müde auf dem dicken Ast eines Regenschirmbaums fläzt. Im Nu rücken aus allen Richtungen zehn, elf, zwölf Wagen vollgepackt mit Touristen an, weil einer der Guides das Leopardenpaar per Funk gemeldet hat.

Hier in der Serengeti, Tansanias ältestem und berühmtestem Nationalpark, ist Afrika so, wie man es sich in seinen Träumen vorstellt: weite Ebenen, in denen sich die wilden Tiere frei bewegen können, in denen die Natur das Leben bestimmt und den Rhythmus vorgibt – und nicht das Ausbeuten von Bodenschätzen. All das ist in erster Linie das Verdienst eines Mannes: Bernhard Grzimek. Der Frankfurter Tierarzt und Zoologe, dessen Name den Afrikanern auch 50 Jahre nach seinem segensreichen Wirken noch schwer über die Lippen geht, und sein Sohn Michael haben die Serengeti zu ihrem Lebenswerk und den Nationalpark weltberühmt gemacht. Ohne sie gäbe es das 14763 Quadratkilometer umfassende Schutzgebiet, das fast so groß ist wie Schleswig-Holstein, nicht. "Serengeti darf nicht sterben" – der Film erhielt einen Oscar, das Buch wurde zum Bestseller. Mehr als 140000 Touristen besuchen die Serengeti jedes Jahr – der einzige Park in Tansania, der sich selbst ohne staatliche Zuschüsse finanziert. Die 50 Dollar Eintritt pro Person und Tag braucht die Nationalparkverwaltung Tanapa, um dichte Kontrollen aufrechtzuerhalten und die Tiere vor ihrem größten Feind zu schützen – dem Menschen.

Zu den faszinierendsten Erlebnissen, die die Serengeti zu bieten hat, gehört die alljährliche Wanderung der Gnus – die "Great Migration". Seit 33 Jahren lebt Markus Borner mittlerweile in der Serengeti, wo er für die Frankfurter Zoologische Gesellschaft das Afrikaprogramm leitet. "Wenn ich über die großen Herden wandernder Weißschwanzgnus fliege oder sie beobachte, wie sie sich vor einer Flussdurchquerung versammeln, stockt mir immer noch der Atem, und mein Herz klopft bis zum Halse. Nirgendwo in der Welt kann man solche atemberaubenden Szenen sehen, nirgendwo finden wir große Säugetiere in größerer Vielfalt und Anzahl", erzählt der Schweizer Biologe voller Begeisterung. Hintergrund der großen Migration ist freilich weniger die Wanderlust als vielmehr der instinktive Überlebensdrang.

Die Regenzeit von Dezember bis Mai verbringen die Gnus meist in der vulkanischen Ebene des Ngorongoro-Kraters, wo das Gras üppig wächst und sehr reich an Nährstoffen ist. Hier gebären sie ihre Kälber. Ende Mai machen sich dann Jahr für Jahr mehr als 1,5Millionen Gnus auf ihre Wanderung durch die Serengeti. Bis hinauf in die im Norden angrenzende Masai Mara in Kenia galoppieren die vielen Hunderttausend Hufe. Immer im Uhrzeigersinn, ständig auf der Suche nach frischen Weidegründen. Im Schlepptau haben sie rund 200000 Zebras und große Herden von Gazellen. "Die Migration ist die größte Show auf Erden", sagt Borner.

Hier zeigt sich, welch einzigartiges, bis ins kleinste Detail aufeinander abgestimmte Ökosystem die Natur erschaffen hat – wohl das letzte weltweit, das noch so intakt ist. Erst nachdem die Steppenzebras das lange Gras abgefressen haben, folgen die Gnus, die kurzes Gras bevorzugen. Die Gnus sehen schlecht, haben aber einen guten Geruchssinn. Die Zebras wiederum sehen gut, haben aber eine "bad nose", eine schlechte Nase, wie es unser Guide Charmy beschreibt. Deshalb sind sie immer gemeinsam unterwegs, um gegen potenzielle Angreifer besser gewappnet zu sein. Etwa eine Viertelmillion der Tiere lässt unterwegs sein Leben, wird zur Beute von Löwen, Leoparden, Hyänen und Krokodilen, bis schließlich die Geier vollends das Aas beseitigen. Auch das ist der Kreislauf der Natur. Leben wird geboren, Lebendiges gefressen, das ist der oft raue Alltag in der afrikanischen Savanne. Doch wer das gigantische Schauspiel auch nur einen Tag erlebt hat, ist sich sicher: Die Serengeti lebt.

Serengeti

Anreise
Direktflüge von Frankfurt sind bei Condor buchbar, einmal wöchentlich (Dienstag) zum Kilimanjaro International Airport nahe Arusha. Zurück geht es mit Zwischenstopp in Mombasa jeweils mittwochs (hin und zurück ab 884 Euro in der Sommersaison, ab 784 Euro im Winter, www.condor.com). KLM bietet Flüge von Stuttgart über Amsterdam nach Kilimanjaro an (ab 789 Euro, www.klm.com). Vom Kilimanjaro geht es mit regionalen Fluglinien nach Seronera (www.regionaltanzania.com; www.coastal.cc).

Einreise
Der Reisepass muss noch mindestens sechs Monate lang gültig sein. Das Visum für Tansania ist direkt bei der Einreise am Flughafen erhältlich, dafür muss man 50 US-Dollar oder 50 Euro in bar dabeihaben. Währung: 1000 Tansania-Schilling = 0,54 Euro.

Reisezeit
Mit Ausnahme der Monate April und Mai mit ihren langen Regenfällen lohnt sich eine Safari zu jeder Zeit. Die Zahl der wandernden Tiere schwankt stark, je nach der jahreszeitlich bedingten Vegetation konzentriert sich das Wild in unterschiedlichen Regionen.

Unterkunft
Die neueste und wohl auch luxuriöseste Herberge ist die Bilila Lodge, die die Kempinski-Gruppe 2009 mitten in der Savanne im nördlichen Teil der Serengeti eröffnet hat. Die Luxusoase bietet 74 Zimmer, die Preise beginnen bei 500 Euro für zwei Personen pro Nacht im DZ mit Vollpension (www.kempinski-bililalodge.com). Zudem gibt es in und um die Serengeti rund zwei Dutzend Camps, Lodges und Hotels.

Gesundheit
Das Robert-Koch-Institut rät neben den Standardimpfungen gegen Tetanus, Diphterie und Polio aber auch zu Hepatitis A und Typhus sowie Hepatitis B. Ferner wird eine Malariaprophylaxe dringend empfohlen.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall sollten Sie helle, körperbedeckende Kleidung tragen (lange Hosen, lange Hemden), zumal es selbst in tansanischen Luxusunterkünften keinen Dresscode gibt. Auf keinen Fall sollten Sie allzu viel Gepäck mitnehmen.

Auskunft
Tanzania Tourist Board (www.tanzaniatouristboard.com), Nationalpark (www.serengeti.org).