Die Waffenruhe in Syrien hat nur sieben Tage gehalten. (Archivfoto) Foto: EPA

Die Waffenruhe in Syrien sollte eigentlich die nächste Stufe der Zusammenarbeit zwischen Moskau und Washington einleiten, doch sie hielt nur eine Woche. Jetzt geht die Gewalt weiter.

Damaskus - Syriens Armee hat die Waffenruhe für das Bürgerkriegsland eine Woche nach ihrem Beginn für beendet erklärt. „Bewaffnete terroristische Gruppen“ hätten sich nicht an die Umsetzung der Abmachung gehalten, teilte die Armeeführung am Montag nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana mit. In verschiedenen Gebieten habe es mehr als 300 Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben. Syriens Armee habe dagegen größte Zurückhaltung an den Tag gelegt, hieß es weiter.

Die von den USA und Russland ausgehandelte Waffenruhe war vor einer Woche in Kraft getreten und hatte in den ersten Tagen größtenteils gehalten. Zuletzt wurde sie jedoch immer brüchiger. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Montag weitere Luftangriffe in mehreren Regionen. Auch die Kämpfe zwischen Armee und Rebellen im Osten von Damaskus seien weitergegangen. Syriens Regime bezeichnet generell alle Gegner als „Terroristen“, auch gemäßigte.

Waffenruhe hielt nur sieben Tage

Russland erhob heftige Vorwürfe gegen die USA. Sie hätten nicht eine der Anfang des Monats ausgehandelten Vereinbarungen eingehalten, erklärte Generalleutnant Sergej Rudskoi vom russischen Generalstab in Moskau. Syriens Machthaber Baschar al-Assad kritisierte den Angriff der US-geführten Koalition auf syrische Truppen am Wochenende als „offene amerikanischen Aggression“, die der IS-Terrormiliz diene. Die syrische Opposition nannte die Feuerpause eine „große Lüge“.

Bei dem Luftangriff der US-Koalition auf die syrischen Truppen waren am Wochenende mehr als 60 Soldaten getötet worden. „All das gefährdet natürlich die Waffenruhe“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Syriens Armee sei die einzige Seite gewesen, die die Feuerpause eingehalten habe.

Allerdings hatte es am Sonntag erstmals wieder Luftangriffe auf Rebellengebiete in der nordsyrischen Großstadt Aleppo gegeben. Außerdem seien bei einem Luftangriff in der Provinz Homs mindestens acht Menschen getötet worden, meldeten die Menschenrechtsbeobachter. In den Gebieten, die unter die Waffenruhe fallen, seien seit deren Beginn 26 Menschen getötet worden, darunter acht Kinder.

Menschen erhielten wieder Hilfe von außen

Nach sieben Tagen Waffenruhe sollte eigentlich die nächste Stufe der Vereinbarung zwischen den USA und Russland umgesetzt werden. Diese sieht vor, dass beide gemeinsam und koordiniert gegen Terrorgruppen vorgehen, etwa die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder die Fatah-al-Scham-Front (früher: Al-Nusra), die eng mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbunden ist.

Generalleutnant Rudskoi warf den USA vor, sie hätten keine Daten geliefert, wo die von ihr kontrollierten Oppositionsgruppen stünden. Die USA hätten keinen Einfluss auf die Opposition. Die gemäßigten Regierungsgegner trennten sich nicht von der terroristischen Fatah-al-Scham-Front. Stattdessen rückten die Milizen enger zusammen und bereiteten Angriffe vor.

Nach langem Warten erhielten notleidende Menschen in drei syrischen Rebellengebieten Hilfe von außen. Lastwagen mit Hilfsgütern für 84 000 Menschen hätten die zentralsyrische Stadt Talbiseh erreicht, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit. Nach UN-Angaben war auch ein Transport auf dem Weg in den nordsyrischen Ort Orem al-Kubra. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete zudem, Lastwagen mit Hilfsgütern hätten den Ort Muadamija al-Scham südlich der Hauptstadt Damaskus erreicht.

Waffenruhe eine „große Lüge“

40 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern an der Grenze zur Türkei müssten hingegen weiter warten, erklärte ein UN-Sprecher. Sie sollen notleidende Menschen in den belagerten Rebellengebieten der nordsyrischen Großstadt Aleppo versorgen. UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura hatte in der vergangenen Woche erklärt, bislang hätten die Lastwagen von der syrischen Regierung kein grünes Licht bekommen.

UN-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien erklärte am Montag, es tue ihm weh und er sei enttäuscht, dass die UN-Hilfe den Osten Aleppos noch nicht erreicht habe. Dort blieben rund 275 000 Menschen gefangen ohne Nahrungsmittel, Wasser und ausreichende medizinische Versorgung.

Der führende syrische Oppositionelle George Sabra nannte die Waffenruhe eine „große Lüge“. Sie habe ihr Ziel verfehlt, humanitäre Hilfe zu notleidenden Menschen zu bringen. Jede Verlängerung werde unglaubwürdig sein, sagte Sabra der Deutschen Presse-Agentur.