Zum Abschied von Anchorman Dieter Fritz (mit den Blumen) waren alle Kollegen klatschend in die Live-Sendung gekommen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Zum letzten Ade vor der Kamera haben ihn die Kollegen mit Blumen live in der Sendung überrascht. Anchorman Dieter Fritz, ein prägendes Gesicht des SWR-Fernsehens, hat sich am Freitagabend nach 37 Jahren beim Sender verabschiedet.

Stuttgart - Sein Markenzeichen war das „Ade“, das er am Ende jeder Sendung mit spezieller Betonung sprach. Dieser Abschiedsgruß in den halbstündigen Fernsehnachrichten „SWR Aktuell Baden-Württemberg“, dem Flaggschiff des Senders, war bei Dieter Fritz ein Zeichen. Schwaben sagen nicht „Auf Wiedersehen“, sondern knapp „Ade“. Der scheidende Anchorman, der im August 63 Jahre alt wird, ist stolz auf seine Herkunft – und wollte stets mit demselben Wort am Ende jeder Sendung zeigen, dass seine Nachrichten regional verankert sind.

Ade, Dieter Fritz, wir werden Sie vermissen, Ihre unaufgeregte Art, Nachrichten mit Kompetenz und Souveränität einzuordnen!

30 Jahre lang stand er vor der Kamera 7

Nie hielt er sich selbst für den Star der Sendung, sondern die Neuigkeit. Der Old-School-Vertreter verkörpert die klassische Tugend eines Journalismus, der in der emotional aufgeheizten Fülle an Fake-News und Hasskommentaren in den sozialen Medien auf harte Recherche setzt, nicht auf reißerische Präsentation. Da nimmt es der Lotse durchs wogende Nachrichtenmeer hin, mitunter etwas steif im Studio zu erscheinen.

37 Jahre war er bei SDR und SWR, 30 Jahre davon vor der Kamera. Fünf Ministerpräsidenten hat Fritz erlebt, bei der Katastrophe in Tschernobyl 1986 moderierte er ebenso wie am 11. September 2001 und beim Amoklauf in Winnenden 2009. Sein Haar ist grauer geworden, doch drahtig ist er geblieben. Kein Wunder, der Schwiegersohn des früheren SPD-Landeschefs Heinz Bühringer schwimmt morgens tausend Meter und geht mit seinem Golden Retriever Wilma Gassi.

Ärger hatte er mit Erwin Teufel an einem Wahlabend

Während Fritz damit rechnet, dass Winfried Kretschmann mit 72 Jahren erneut bei der Landtagswahl als Spitzenkandidat antritt („Wer drängt sich sonst bei den Grünen auf?“), hört der beliebte Fernsehmann einfach so mit 62 auf. Dank der Vorruhestandsregelung des SWR sei dies möglich. Fritz hätte weitermachen können. Doch den Termin zum letzten Ade wählte er selbst, wollte wohl nicht darauf warten, dass man ihm einen jungen Nachfolger vor die Nase setzt. Druck und Stress eines Anchorman sind hoch. Seine Vorgesetzten freilich hätten ihm „viel Freiheit“ gelassen. Und von der Politik sei er nur einmal angegangen worden, als Erwin Teufel ihm live an einem Wahlabend vorwarf, ihn nicht fair behandelt zu haben.

Jetzt geht es bei dem Vater von drei erwachsenen Kindern, der nach dem Besuch der Journalistenschule in München von 1978 bis 1981 freier Mitarbeiter in der Baden-Württemberg-Redaktion der Stuttgarter Nachrichten war, „von Hundert auf Null“. Ob ihm was fehlt, sei eine „Gewöhnungssache“. Ganz zur Ruhe setzen dürfte er sich nicht. Fritz will Moderationen übernehmen und sich sozial engagieren. Treffen von ehemaligen Fernsehleuten wird er besuchen – aber „Rentner-Stammtisch“ sagt er dazu nicht. Die heutigen Rentner sind so fit, dass dieser Begriff wie ein Fremdwort für sie ist.

Plötzlich kamen die Kollegen klatschend ins Studio

Vorm Abschied hat er viel Post von Zuschauern bekommen, die es bedauern, ein vertrautes Gesicht am Abend zu verlieren. Auch die Kollegen sind traurig. „Selbst in größter Hektik kann Dieter Ruhe bewahren“, sagt Tatjana Geßler, die viele Jahre die TV-Frau an seiner Seite war, „es hat immer viel Spaß gemacht, mit ihm vor oder nach einer Sendung zu frotzeln.“ Tatjana Geßler war es auch, die sich am Freitagabend nicht an den mit Dieter Fritz abgestimmten Sendeplan hielt. „Jetzt moderiere ich eine Überraschung für dich“ , sagte sie am Ende. Zu sehen war ein Film mit Ausschnitten eines bewegten Journalistenlebens. Es gab Rosen für ihn, die Kollegen kamen klatschend ins Studio. Ein emotionaler und schöner Abschied für einen Vollblutjournalisten, der in seiner letzten Sendung einen Appell ans Publikum gerichtet hat: „Fair“ möge man umgehen miteinander und eine „offene, bunte Gesellschaft“ bleiben.

Sein Nachfolger Georg Bruder startet am Montag

Jetzt freut er sich darauf, nicht mehr von der Uhr getrieben zu werden. Zu einer bestimmten Zeit dürfte Dieter Fritz mal einschalten: 19.30 Uhr! Dann beginnt der Quotenbringer des SWR, den am nächsten Montag erstmals der 40-jährige Georg Bruder moderiert, zuletzt Chef vom Dienst von „Zur Sache, Baden-Württemberg“. Der neue Anchorman ist im Schwazwald geboren. Wie verabschiedet man sich dort?

So ist das Leben: Einer geht, ein anderer kommt. Ein Stabwechsel kann die Chance sein, innezuhalten und Danke zu sagen. Danke und Ade, Dieter Fritz!