Szene aus „Sweet Charity“ Foto: Altes Schauspielhaus

Außergewöhnliches gehört zu einem Theaterleben. auch ein außergewöhnlicher Erfolg. Diesen erlebte das Ensemble des Alten Schauspielhauses Stuttgart mit dem Musical „Sweet Charity“ – inklusive Einladung nach Korea.

Stuttgart - Herr Dietrich, Glückwunsch: Sie sind mit „Sweet Charity“ beim Festival in Südkorea ausgezeichnet worden. Haben Sie sich auch Ihre Konkurrenz angesehen?
Wie bei der Oscar-Verleihung konnte man in Korea bei der Preisverleihung Videoclips der anderen nominierten Produktionen sehen. Live konnte ich leider wenig anschauen, einiges war abgespielt, als wir ankamen, einiges lief parallel zu unseren Vorstellungen.
Wie hat denn das Publikum auf Ihre Produktion reagiert?
Ich hatte den Eindruck, dass sie das große Pathos lieben. Ich hatte asiatische Zurückhaltung erwartet, aber nichts davon! Es kamen durch die Übertitelung vielleicht nicht alle, doch mindestens die Hälfte der Pointen an. Man verhält sich dort nicht ganz so ehrfürchtig der Kunst gegenüber, man sieht das auch als spaßige Veranstaltung, die Interaktion ist viel heftiger als bei uns. Bei den Tanznummern gab es sofort rhythmisches Klatschen und Jubel. Das Publikum war extrem jung, ich tippe auf ein Durchschnittsalter von 30 Jahren.
Davon kann man in Deutschland nur träumen.
Tatsächlich werden Theater und Musik in Korea sehr gefördert. Es gab auch einen Collegewettbewerb, sehr viele Schulen studieren jedes Jahr eine Musicalproduktion ein – auf hohem Niveau. Die Abschlussveranstaltung des Festivals fand in der Oper statt und wurde vom koreanischen Fernsehen live übertragen. Die Oper ist übrigens eine Geschenk von der Firma Samsung an die Stadt Daegu.
Eine Oper geschenkt bekommen – weckt das auch beim Alten Schauspielhaus Sponsoren-Wünsche?
Na ja, die großen Firmen unterstützen eher die großen Kultureinrichtungen.
Dann müssten Sie eben einen Sponsor aus dem Mittelstand finden, und Mittelständler gibt es Baden-Württemberg doch viele.
Ich will nichts einfordern, aber natürlich wäre es wünschenswert und würden wir uns nicht dagegen wehren, wenn es eine größere Unterstützung auch von Sponsoren gäbe. Eine Stadt ohne Kultur ist auch als Wirtschaftsstandort nicht so interessant.
Wird Ihr Gastspiel Folgen haben?
Auf dem zum 9. Mal stattfindenden Festival waren wir die ersten Deutschen. Die Gastgeber waren interessiert daran zu erfahren, was wir in der nächsten Saison machen. Dort funktioniert Kultur aber auch als Türöffner für wirtschaftliche Beziehungen. Der Bürgermeister war beim Festival und andere Politiker, die das Gespräch gesucht haben und die auch Beziehungen von Stadt zu Stadt aufbauen möchten, gern auch zu Stuttgart.
Haben Sie bei all dem Theater auch etwas von der Stadt gesehen?
Unser Bus brauchte vom Hotel eine halbe Stunde zum Festival, da haben wir einiges gesehen. Es ist eine Riesenstadt mit Magnetschwebebahn und auch mit achtspurigen Straßen – in der Innenstadt, wohlgemerkt, auf denen Sie 70 fahren dürfen. Daegu mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern ist sehr modern, es gibt aber auch noch traditionelle Orte. Das mischt sich sehr, jeder baut da offenbar, wie er will, ein bisschen chaotisch, aber mit Charme. Man hat den Eindruck, dass hier keiner Angst vor der Zukunft hat, dass man dort Dinge leichter wagt und einfach mal loslegt. Wir haben aber auch einen Ausflug zu einem buddhistischen Tempel aus dem fünften Jahrhundert gemacht, der lag etwas außerhalb, ein mystischer Ort, so wie man sich das vorstellt. Daegu selbst ist aber keine Touristenstadt. Wir haben dort keine einzige Postkarte gefunden.