Dekra-Chef Stefan Kölbl Foto: Peter Petsch

Die Stuttgarter Dekra ist vor allem durch die Tüv-Prüfungen bekannt. Doch auch die anderen Sparten wachsen kräftig.

Stuttgart - Zu den wichtigsten Geschäftsfeldern, auf denen die Stuttgarter Expertenorganisation Dekra tätig ist, gehört die Prüfung von Industrieanlagen – von Raffinerien ebenso wie von Atomkraftwerken. Zu den Spezialitäten gehört dabei die sogenannte „zerstörungsfreie Werkstoffprüfung“. Dabei können etwa durch Röntgenmessungen Rohre und Leitungen auf Risse und andere Fehler untersucht werden, ohne dass sie deswegen danach ausgetauscht werden müssen. Das spart den Energiekonzernen Zeit und Geld – und bringt die Dekra lukrative Aufträge. Künftig in noch mehr Ländern als bisher, denn in Südafrika hat das Unternehmen nun den Marktführer für diese Prüfungen gekauft und ist damit praktisch auf einen Schlag selbst zum führenden Unternehmen auf diesem Markt geworden. Auch in Australien hat das Unternehmen ein Schwergewicht am Markt gekauft und sich damit nach vorn katapultiert.

Im Geschäft mit Prüfungen und Gutachten im Autobereich ist die Dekra ebenfalls weit nach vorn gekommen; und auch hier hat man einen bisherigen Marktführer gekauft – den von Neuseeland. Somit hat Dekra auch in diesem Jahr die Internationalisierung weiter ausgebaut. Mittlerweile arbeiten 44 Prozent aller Dekra-Beschäftigten nicht mehr in Deutschland. Doch nicht nur der Anteil der ausländischen Mitarbeiter steigt seit Jahren, sondern auch die Zahl der Beschäftigten insgesamt: Mit 31.500 Mitarbeitern überschreitet die Personalstärke erstmals die Marke von 30.000.

Noch stärker als durch Zukäufe ist die Dekra durch das Wachstum eigener Geschäfte gewachsen. Um insgesamt sechs Prozent ist der Umsatz gestiegen; er liegt nun bei 2,3 Milliarden Euro. Gut die Hälfte dazu trug die Automobilsparte bei, die auf jährlich 23 Millionen Autoprüfungen kommt und damit nach Dekra-Angaben die weltweit führende Prüforganisation für Kraftfahrzeuge ist. Außer der weiteren Internationalisierung hat dazu auch der Hagel im Sommer beigetragen, durch den die Dekra 150.000 zusätzliche Schadengutachten bei Autos anfertigen musste. Zunehmend sollten zum Wachstum auch neue Testanlagen für Fahrerassistenzsysteme – etwa automatische Bremsassistenten - und für spezielle Anforderungen wichtiger Exportmärkte beitragen. So verlangen etwa die USA, dass bei Autos auch ein Frontalzusammenstoß simuliert wird, bei dem sich die beiden Fahrzeuge nur auf einem Viertel ihrer Breite überlappen.

Am stärksten gewachsen ist mit 13 Prozent die Personaldienstleistungs-Sparte – und das, obwohl die Zeitarbeit, die zu dieser Sparte gehört, durch neue Tarifverträge, die die Angleichung der Löhne an die der jeweiligen Stammbelegschaft vorsehen, unter Druck geraten ist. „Wir haben hier in einem rückläufigen Markt zugelegt“, sagt Dekra-Chef Stefan Kölbl. Dies sei auch deshalb gelungen, weil das Unternehmen diese Gleichstellung bereits vor vier Jahren eingeführt habe. Gewachsen ist sie auch durch neue Angebote wie die Überwachung der Luftfracht. Dass Flugpassagiere ihre Kosmetika bei der Handgepäckkontrolle vorzeigen müssen, die Fracht im Bauch des Flugzeugs aber kaum kontrolliert wird, sei ein Widerspruch, der nun abgestellt wird – und an dem die Dekra ebenfalls verdient.