22 Jahre jung: die Pianistin Magdalena Müllerperth aus Pforzheim Foto: promo

Die Stuttgarter Philharmoniker spielen Beethovens Neunte und bringen in die Liederhalle die Solistin Magdalene Müllerperth mit: Die begeistert mit Beethovens drittem Klavierkonzert in der Liederhalle ihr Publikum durch fein herausgearbeitete Solopartien.

Stuttgart - Silvester ohne Beethovens Neunte? Das ist schwierig, weil das Ende der Sinfonie doch so schön nach Feuerwerk, alkoholischer Verbrüderung und Aufbruch zu Neuem klingt. Aber Beethovens Neunte ohne Chor? Ohne „Freude, schöner Götterfunken“ und jene „Tochter aus Elysium“, deren Vater keiner kennt? Das geht gar nicht, das ist wie Silvester ohne Böller.

Und dennoch: Erst vor wenigen Tagen wurde der Klassik-Hit des Jahreswechsels im Stuttgarter Beethovensaal gerade deshalb zu einem unvergesslichen Ereignis. Weil der Chor auf dem Weg zum Konzert im Schnee feststeckte, studierte der Dirigent der Münchner Symphoniker nach dem Abspielen der ersten drei Sätze nämlich einfach mit dem Publikum die Melodiestimme der „Ode an die Freude“ ein. So fand Beethovens form- und grenzsprengendes Werk in der spontanen Überwindung der traditionellen Frontalpräsentation klassischer Konzerte eine eindrucksvolle Entsprechung.

Ähnlich Erstaunliches hatten die Stuttgarter Philharmoniker beim Jahresschlusskonzert der SKS am Dienstagabend am selben Ort nicht zu bieten: Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn war da, sang gut, wenngleich manchmal leicht schleppend und mit nicht immer gänzlich idiomatischer Vokalfärbung.

Unter den Solisten fiel neben Ingeborg Danz (Alt), Maximilian Schmitt (Tenor) und Stefan Stoll (Bariton) nur die verschärft tremolierende Sopranistin Tatjana Charalgina leicht aus dem Rahmen, und die Philharmoniker selbst spielten unter der Leitung des Mainzer Generalmusikdirektors Hermann Bäumer sehr präzise, aber auch mit eher ausgebremstem Temperament und manchmal (im Adagio) auch ein wenig ideenlos. Wirkung machte das Stück trotzdem.

Auch bei Beethovens drittem Klavierkonzert, das der Neunten voranging, dominierte deutlich der Kopf vor dem Bauch. Im Orchester bestimmten oft glasklare Artikulation, pointiert gesetzte Akzente und klug disponierte dynamische Kontraste das Klangbild, und um Ordnung und Durchsichtigkeit ging es auch der Solistin Magdalena Müllerperth. Die erst 22-jährige gebürtige Pforzheimerin spielte einen geradezu kristallinen Solopart, den sie bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und durchdrungen hatte. Dabei hatte kein Tempo, keine Phrasierung etwas übermäßig Verkünsteltes, die leichten Hände ließen vieles mehr nach Mozart klingen als nach Beethoven, und im Largo machte Müllerperths feine klangfarbliche Gestaltung spielend wett, dass der große Bogen über dem Satz zuweilen kleine Brüche aufwies.

Zwei-, dreimal mangelte es an Abstimmung mit dem Orchester, und ganz gelegentlich mag sich mancher gewünscht haben, dass die Pianistin wenigstens kurz mal die Zügel lockerer lassen und etwas ganz Eigenes, Freies und Wildes tun würde. Aber dies zu denken ist Mäkelei auf hohem Niveau. Das begeisterte Publikum jedenfalls hätte der jungen Dame in Rot sicherlich am liebsten die „Ode an die Freude“ vorgesungen.