Daniel Engelbrecht litt unter einer Herzmuskelentzündung – nun hofft der Stürmer von Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers auf eine Rückkehr in den Profi-Kader. Er erwägt, sich einen Defibrillator einpflanzen zu lassen.
Daniel Engelbrecht litt unter einer Herzmuskelentzündung – nun hofft der Stürmer von Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers auf eine Rückkehr in den Profi-Kader. Er erwägt, sich einen Defibrillator einpflanzen zu lassen.
Stuttgart - Anthony van de Loo, ein Fußballer vom belgischen Erstligisten KSV Roeselare, bricht am 7. Juni 2009 kurz vor der Pause auf dem Platz zusammen. Seine Teamkollegen eilen auf den leblos auf dem Rücken liegenden Körper zu – und stehen hilflos daneben. Nach ein paar bangen Sekunden zuckt der gesamte Körper des Spielers, kurz danach richtet sich der damals 20-Jährige selbstständig wieder auf. Van de Loo trug einen Defibrillator in seiner Brust, der auf den Herzstillstand reagierte und ihm das Leben rettete. Zur Sicherheit kam er in eine Klinik, die er keine drei Stunden nach dem Vorfall wieder verlassen durfte.
Daniel Engelbrecht von den Stuttgarter Kickers litt diesen Sommer unter einer Herzmuskelentzündung, nach Monaten der Behandlung kämpft der Drittliga-Stürmer um die Rückkehr in den Profi-Fußball. „Ich habe immer gesagt, dass ich alles dafür tun werde, damit ich wieder Fußball spielen kann“, betonte der 23-Jährige während seiner Rehabilitation wieder und wieder. Und er hörte in dieser Zeit von dieser Möglichkeit, mit einem eingepflanzten Defibrillator zu spielen – eine Chance. Demnächst findet im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus ein Gespräch mit Engelbrecht über die Chancen und Risiken des Eingriffs sowie über die Perspektiven danach im Sport statt.
Der Kickers-Profi wäre nicht der erste. „Es gibt einige Profisportler, die mit einem Defi leben und Leistungssport treiben“, sagt Kardiologe Christof Burgstahler, Oberarzt an der Uni-Klinik Tübingen, aber er stellt auch klar: „Nach einer vollständig überstandenen Herzmuskelentzündung ist man wieder voll sporttauglich. Eine solche Maßnahme kommt eigentlich nur dann infrage, wenn bleibende Schäden davongetragen wurden oder andere Risiken am Herzen vorliegen.“ Welche Ursache bei Engelbrecht zugrunde liegt, erschließt sich aus seiner Krankenakte – doch in die erhalten ausschließlich die behandelnden Ärzte Einsicht. Der 39 Jahre alte Burgstahler gehört nicht dazu.
Kontaktsportler mit Defibrillator hinter dem Herzmuskel
Für einen Fußballer wie Engelbrecht im Grunde keine allzu große Geschichte, wäre der junge Mann ein Boxer oder Karate-Kämpfer, würden sich die Mediziner garantiert deutlich mehr kritische Gedanken machen. Bei Kontaktsportlern müsste der kleine Defibrillator nicht direkt unter der Haut, sondern hinter dem Brustmuskel eingepflanzt werden – damit er vor starken Stößen besser geschützt ist und nicht etwa die Sonde bricht. „Wichtig ist eine seriöse Aufklärung durch den jeweiligen Arzt“, unterstreicht Burgstahler. Die Arbeitsweise des Gerätes ist im Grunde ziemlich simpel: Der Defi erkennt lebensgefährliche Rhythmusstörungen, ein Kammerflimmern oder -flattern, und schickt diesem Notfall entsprechend einen dosierten Stromstoß – um das Herz wieder einzutakten. Ganz wie bei Anthony van de Loo vor fünf Jahren.
Dem Körper im Training und auf dem Spielfeld wieder sportliche Höchstleistungen abzuverlangen, und zwar ohne Ausfallerscheinungen, das ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Frage der Verantwortung und der Haftung. „Ein Arzt wird vor einer solchen Maßnahme stets mit Kollegen und Spezialisten über die Sinnhaftigkeit diskutieren“, sagt Heiko Striegel, Rechtswissenschaftler und stellvertretender sportärztlicher Direktor der Uni-Klinik Tübingen. Schließlich müssen die Mediziner sämtliche Risiken unter Kenntnis der spezifischen Gesundheitssituation des Sportlers abwägen. Auch der Verein sitzt mit im Boot. Als Arbeitgeber besitzt er eine Fürsorgepflicht gegenüber einem Angestellten – die Kickers müssten sich genau überlegen, ob sie einem Spieler in diesem Fall einen Vertrag zur Unterschrift vorlegen. Ausgeschlossen ist das nicht, Engelbrecht darf auf die Fortsetzung seiner Fußball-Karriere hoffen.
Anthony van de Loo steht nun beim belgischen Erstligisten KV Mechelen unter Vertrag, der Marktwert des Verteidigers wird auf 600.000 Euro taxiert. Und seit dem 7. Juni 2009 wurde auch kein außergewöhnlicher Vorfall um seine Person mehr bekannt.