Freude bei den Kickers (Müller/li. und Leutenecker): Die Blauen haben erneut eine Niederlage abgewendet Foto: Baumann

Beim Chemnitzer FC liegen die Stuttgarter Kickers zurück, dann gelingt es dem Fußball-Drittligisten wieder einmal, eine drohende Niederlage in der Schlussphase abzuwenden. Nicht erst nach diesem 1:1 sieht Trainer Horst Steffen das nötige Aufstiegspotenzial in seiner Mannschaft.

Stuttgart/Chemnitz - Die CFC-Fans bereiteten sich eine Minute vor Schluss allmählich aufs Jubeln vor, und die Anhänger der Kickers machten sich – ob sie wollten oder nicht – gedanklich damit vertraut, mit einer 0:1-Niederlage im Gepäck aus Chemnitz heimzureisen. Doch dann knallte der satte Fernschuss von Enzo Marchese an den Pfosten, Marco Calamita beförderte den (nicht ganz einfach zu kontrollierenden) Abpraller per Kopf zum 1:1 ins Tor. Punkteteilung, für die Sachsen war’s eine gefühlte Niederlage, für die Blauen ein gefühlter Sieg. „Natürlich war das für uns ein Glücksmoment“, sagt Trainer Horst Steffen, „aber ganz ehrlich: Ich wollte eigentlich drei Punkte mitnehmen. Und wir hatten weite Strecken des Spiels dominiert.“

Aber ein Punkt ist besser als keiner. Das Kunststück, einen Rückstand in einen Teilerfolg oder gar in einen Dreier zu verwandeln, ist den Zauberern aus Degerloch in dieser Saison bereits achtmal gelungen – Liga-Rekord. Vor 14 Tagen in Mainz machten die Stehaufmännchen der dritten Liga gar aus einem 0:2 ein 3:2. Das spricht für die Moral der Truppe, und es belegt ein gesundes Maß an Selbstvertrauen, wenn eine Mannschaft nicht den Kopf verliert, gerät sie einmal in Rückstand; vor allem, wenn dies nach der 60. Minute geschieht. „Die Spieler haben diesen Glauben an ihre eigene Stärke“, beschreibt Horst Steffen den Geist der Kickers, aber es ist mehr als nur der Glaube. Denn häufig mag der Geist ja willig sein, das Fleisch aber (zu) schwach. Für die Blauen spricht zudem, dass sie in der Lage sind (und dies genau wissen), in der letzten Viertelstunde noch läuferisch wie kämpferisch eine Schippe draufzulegen. „Man hat gesehen, dass die Mannschaft gegen Chemnitz nach dem Ausgleich in der Nachspielzeit noch versucht hat, das 2:1 zu erzielen“, sagt der Coach, „diese Mentalität freut mich.“ Dass das Siegtor doch nicht gelungen ist, dürften die meisten Anhänger ihren Blauen verzeihen.

Die Kickers haben den Glauben, die Fitness und häufig auch das nötige Quäntchen Glück – eine Kombination, die zwingend Voraussetzung ist, um in der Liga oben mitzuspielen. Ja, sogar um im Kampf um den Aufstieg ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Horst Steffen bricht nun nicht in Euphorie aus, weiß aber auch, dass Tiefstapelei wenig bringt und zudem als solche schnell erkannt würde. „Wie diese Spiele laufen, das nährt den Gedanken, dass wir dort oben in der Tabelle bleiben können“, sagt der 45-Jährige, und er spricht aus, was alle Kickers-Fans gerne hören: „Die Mannschaft hat das nötige Aufstiegspotenzial.“

Diese Einschätzung können die Blauen am nächsten Samstag untermauern, dann gastiert Arminia Bielefeld zur Wiedereröffnung des Gazistadions im Spitzenspiel auf der Waldau. „Wir alle freuen uns auf dieses Spiel und auf eine tolle Kulisse“, sagt Steffen. Vielleicht macht es seine Elf gegen die Arminia ja nicht ganz so spannend.