Geht die neue Aufgabe unterm Fernsehturm optimistisch an: Der neue Kickers-Trainer Tomislav Stipic Foto: Baumann

Überlegt wählt Tomislav Stipic (36) seine Worte. Offen, energisch und selbstbewusst spricht er sie aus: „Wir haben einen großen Rückstand nach oben. Von heute an greifen wir an. Ich traue mir alles zu“, sagt der neue Kickers-Trainer, der auch vor ungewöhnlichen Methoden nicht zurückschreckt.

Stuttgart - Blauer Pullover, darunter ein blau-weißes Hemd – Tomislav Stipic präsentierte sich bei seiner offiziellen Vorstellung im Waldhotel stilsicher in den Vereinsfarben. Da passt es ins Bild, dass er die Identität des Clubs leben will: „Ich möchte die Werte Mut, Emotionalität, Herz auf den Platz übertragen, egal ob in einem Testspiel oder wenn es um Punkte geht“, erklärte Stipic.

Zielsetzung: „Wir stehen unter dem Strich, wir müssen diese Situation mit Fleiß, Demut und Bescheidenheit unter Kontrolle bekommen.“ Das ursprüngliche Saisonziel des Vereins (unter den ersten Acht) wolle er aber nicht sofort korrigieren. „Die Menschen haben sich ja etwas dabei gedacht. Wir möchten den Rückstand nach oben verkürzen“, betonte er. 15 Tabellenplätze und elf Punkte beträgt der Abstand zu Relegationsplatz drei. Ob er sich zutraut, dies aufzuholen? „Ich traue mir alles zu“, sagte er.

Trainerteam: Die Gespräche mit einem Co-Trainer seines Vertrauens laufen. Möglicherweise kommt ein Video-Analyst aus gemeinsamen Zeiten beim FC Ingolstadt dazu.

Bis 2013 arbeitet Stipic noch in der Nachtschicht

Werdegang: Der Kroate kam mit zehn Jahren aus seinem Heimatort Tomislavgrad nach Deutschland. Er machte mit 16 eine Schreinerlehre, arbeitete im Straßenbau und später als Schlosser. Mit 25 Jahren begann er als Spielertrainer in der elften Liga beim FC Hitzhofen-Oberzell, später ging es in gleicher Funktion zum SV Denkendorf/Bayern. Noch bis zum 1. Juni 2013 arbeitete er von 22 bis 6 Uhr in der Nachtschicht bei Audi. Mittags war er häufig in der Fußballschule des FC Ingolstadt beschäftigt, abends trainierte er die U 17, später die Regionalligamannschaft des Clubs. Nur ein Jahr später folgte der Sprung in den Profifußball: Am 9. September 2014 wurde Stipic („ein kometenhafter Aufstieg“) als Cheftrainer des damaligen Zweitligisten Erzgebirge Aue präsentiert. Nach dem hauchdünn verpassten Klassenverbleib beendete Stipic auf eigenen Wunsch sein Arbeitsverhältnis im Erzgebirge. Seitdem war er vereinslos, hospitierte unter anderem bei RB Leipzig.

Motivator: „Ich bin ein Leader mit natürlicher menschlicher und fachlicher Autorität“, sagt der 36-Jährige über sich selbst. Eine seiner Stärken ist es, die Spieler heiß zu machen. René Klingbeil, sein ehemaliger Kapitän in Aue, drückte sich so aus: „Er hat uns derart gepuscht, wir hätten auch in eine Arena mit Löwen und Tigern gehen können und hätten den Kampf aufgenommen.“ Für ungewöhnliche Methoden war er schon in der Kreisliga bekannt: Da seine Mannschaft samstagabends gerne feiern ging, stellte er sonntags um 2 Uhr nachts den Wecker, ging in die Disko, trank noch ein Bier mit und brachte die Spieler dann nach Hause. Stipic, der auf flexiblen, temporeichen Ballbesitzfußball steht, nennt Arsène Wenger und Pep Guardiola als seine Vorbilder.

Der Familienmensch hat vier Söhne

Familienmensch: Stipic ist verheiratet und hat vier Söhne im Alter von zwölf, elf, sechs und einem Jahr. So schnell als möglich möchte er die Familie, die im Raum Ingolstadt lebt, nach Stuttgart holen.

Hobbys: Stipic spielt gerne Tennis und Tischtennis. Er joggt jeden Tag eine knappe Stunde. Immer mit dabei: Sein Diktiergerät.

Vertragslaufzeit: Der Kontrakt läuft bis 2017 und gilt für die dritte und zweite Liga. Fahrplan: Am Sonntag nach dem Auslaufen hat sich Stipic bei der Mannschaft vorgestellt. An diesem Dienstag (14 Uhr) steht das erste Training an. Zwei Testspiele bei Regionalligisten sind in dieser Woche geplant: Am Mittwoch bei 1899 Hoffenheim II und am Freitag beim FC Homburg (Uhrzeit jeweils noch offen). Das erste Punktspiel steigt am 21. November (14 Uhr) beim Halleschen FC.