Die Kickers feiern ein Tor und ein tolles Fußball-Jahr: Besar Halimi, Fabian Baumgärtel und Sandrino Braun (v. li.) Foto: Baumann

Die Fans der Stuttgarter Kickers denken beim Blick aufs Klassement schon vom Europapokal. Bei den Verantwortlichen ist zum Ende eines erfolgreichen Jahres aber erst einmal Durchatmen angesagt.

Reutlingen - Als mit dem Ende der Pressekonferenz die letzte Pflichtveranstaltung in Horst Steffens Terminkalender abgehakt war, nahm sich der Trainer der Stuttgarter Kickers erst einmal ein paar Sekunden Zeit zum Durchschnaufen. Dann wünschte er den Anwesenden ein frohes Fest und kündigte gleich an, zwischen den Jahren urlaubsbedingt nicht erreichbar zu sein. Kaum vorstellbar ist jedoch, dass sich der Coach der Blauen in den Ferien überhaupt nicht mit Fußball beschäftigen wird. Dazu macht der Blick auf die Drittliga-Tabelle derzeit einfach zu großen Spaß: Dank eines 2:0 (1:0) gegen die SG Sonnenhof Großaspach überwintern die Kickers auf Rang drei – dem Platz, der am Ende der Saison zur Aufstiegsrelegation berechtigen würde.

„Wir haben ein tolles Jahresergebnis erzielt, Platz drei ist sensationell“, meinte Steffen, dessen Elf im zweiten Durchgang für ein paar Minuten aber ein weniger schönes Gesicht zeigte. Nach dem Platzverweis gegen Großaspachs Nico Jüllich (66.) begannen die Kickers auf einmal, in der Defensive zu schwimmen und konnten sich beim starken Keeper Korbinian Müller bedanken, der mehrere Großchancen vereitelte. „Gegen zehn Mann waren wir zu nachlässig, dadurch gab’s ein offenes Spiel. Das hat mir natürlich nicht so sehr gefallen“, sagte Steffen.

Das war aber schon das einzige Haar in der Suppe, das man auf Kickers-Seite nach dem wohl vorletzten Heimauftritt an der Reutlinger Kreuzeiche finden konnte. Insbesondere das Tor von Daniel Engelbrecht (79.), der die von Sandrino Braun (29.) erzielte Führung ausbaute, setzte einen Schlusspunkt mit Symbolcharakter unter ein gutes Kickers-Jahr. „Es passt einfach, dass er getroffen hat“, sagte Steffen über seinen besonderen Schützling. Und Engelbrecht, Deutschlands erster Fußballprofi mit Defibrillator in der Brust, schwärmte: „Ich habe mich in den 30 Minuten, die ich heute gespielt habe, richtig gut gefühlt. Das ist für mich das schönste Weihnachtsgeschenk.“

Klar ist: Wer zum Fest auf Tabellenrang drei steht und sogar den Ausfall von Führungsspielern wie Enzo Marchese oder Elia Soriano wegsteckt, darf auch von der ganz großen Bescherung am Saisonende träumen – was nichts daran ändert, dass das Wort „Aufstieg“ weiter diplomatisch umschifft wird. Etwa von Torschütze Engelbrecht: „Wir stehen zurecht auf Rang drei und es macht Spaß, auf die Tabelle zu schauen. So wollen wir weiterspielen und dann werden wir sehen, was dabei herauskommt.“

Ganz so bedeckt wollten sich die Fans der Blauen nicht halten. Nachdem sie die nur rund 50 Aspacher im Gästeblock bereits mit einem hämischen „Wir steigen auf und ihr steigt ab!“ bedacht hatten, stimmten sie lauthals das Liedchen vom „Europapokal“ an. Bei den Blauen darf man ja mal träumen – auch von einem tollen Jahr 2015.