Mit 31 Weihnachtsmarkttagen in Stuttgart ist 2016 das Jahr des Glühweins. Foto: dpa

Merry Glühwein! Sind im saisonalen Nationalgetränk außer Zimt und Zucker auch Glücksstoffe drin? Oft kommt’s weniger auf die Qualität der Heißmacher an, vielmehr auf die Menschen, mit denen man ihn trinkt. Wirte möchten den Stuttgarter Weihnachtsmarkt auch donnerstags bis 22 Uhr öffnen.

Stuttgart - In vielen Glühweinbechern steckt mehr Zucker als in einer Cola. Meist schmeckt der Weihnachtsmarktbesucher aber den hohen Anteil des Süßmachers nicht heraus. Die Hitze überlistet mit dem Alkohol die Zunge. Erst wenn aus dem Glühwein ein Kaltgetränk wird, weiß man, was das Glück im Glas in Wahrheit ist.

Doch wer geht auf den Stuttgarter Weihnachtsmarkt, um seinen Glühwein kalt zu stellen? Oft scheint es, die Becher leerten sich von ganz allein – und man braucht rasch Nachschub. Ein Glühwein. Swei Glühweih. Rei Lühwei. Hie Hühei.

Es gibt auch Champagner auf dem Weihnachtsmarkt

2016 – das ist ein Glühweinjahr, wie man’s selten erlebt. Der Kalender sorgt für einen Rekord mit 31 Weihnachtsmarkttagen – und Rekordumsätze. 2017 kommt auf die Wirte dafür ein kurzer Weihnachtsmarkt mit nur 25 Tagen zu.

Nicht nur wegen der 31 Tage ist 2016 ein Glühweinjahr. Erstmals dürfen in dieser Saison die Buden freitags und samstags bis 22 Uhr geöffnet bleiben, eine Stunde länger als sonst. Etliche Wirte wünschen den längeren Ausschank auch für den Donnerstag. „Der Donnerstag ist der neue Ausgehtag“, sagt Conny Weitmann, „dafür könnte man lieber auf die lange Öffnungszeit am Samstag verzichten.“

Wie immer hat Wirtin Weitmann ihre besten Geschäftsfreunde in ihren rund um einen Baum aufgebauten Stand an der Stiftstraße eingeladen. Hier befindet man sich zwischen Louis Vuitton und Escada, weshalb es nicht überrascht, dass Wasenwirt Hans-Peter Grandl eine Champagnerflasche (75 Euro) für seinen Tisch bestellt. Strebt er eine Bude auf dem Weihnachtsmarkt an? „Das mach’ ich erst, wenn ich Rentner bin“, sagt er. Aber nein, keiner müsse Angst haben, dass er auch noch nach Stuttgart reinkomme.

Schampus auf dem Weihnachtsmarkt bleibt exotisch. Der Glühwein ist’s, mit dem die Wirte vor allem abends bis zum Zapfenstreich die größten Geschäfte machen. Wen überrascht es, dass Kerzen- oder Sockenverkäufer von den längeren Öffnungszeiten nur wenig begeistert sind?

Ein Hund war die Rettung

Advent, Advent, der Glühwein brennt. Er hat viele glühende Verehrer, deren roter Kopf zur Glühbirne wird. Im Gedränge kommt man sich sehr nah. Jeder kann Glühwein-Geschichten erzählen.

Freund A verabredet sich mit der Clique immer am ersten Mittwochabend, wenn der „Wintertraum“ mit der Eisbahn öffnet – also eine Woche vor dem Start des Weihnachtsmarkts. Zur Tradition der Clique gehört, dort auch am letzten Tag, am 1. Januar, den letzten Glühwein zu trinken. Wie gut er ist, ist nebensächlich. Beim Glühwein erzählt man sich Dinge, die man sonst nicht glauben mag. Freund B wollte mit Freunden daheim den besten Glühwein seines Lebens machen – mit teurem Rotwein, Zimtstangen, Nelken und Orangenscheiben. Stolz und glücklich gossen sie das dampfende Edelgetränk aus dem Topf in eine schöne Glasschale. Die zersprang durch die Hitze. Der Küchentisch und der Küchenboden rochen herrlich nach Weihnachten. Im Kühlschrank befand sich noch ein Fertig-Glühwein. Der musste nun dran glauben.

Leserin C traf sich mit Freunden im Schönbuch an einer Feuerstelle zum Wintergrillen mit Glühwein. Man sang Weihnachtslieder. Auf dem Heimweg waren die Beine schwer. War der Glühwein zu stark? Alle hatten Mühe, den Stich hochzukommen. Es ging zwei Schritte vor und drei zurück. Dann hatte jemand eine Idee. Der Hund, der dabei war, musste die vergnügte Schar nach oben ziehen. Fein gemacht!

Eher selten kommen bei Glühwein-Geschichten Hunde vor. Meist taucht am nächsten Morgen ein anderes Haustier als ungebetener Gast auf: der Kater!

Weitere Kolumnen von Uwe Bogen gibt’s im StN-Buch „Goht’s no?“ (Belser-Verlag).