Jetzt ist die Zeit gekommen für ein eigenes Theater: Vladislav Grakovski. Foto: Max Kovalenko

Der russische Schauspieler Vladislav Grakovski hat im Stuttgarter Osten in der Stöckachstraße das Theater Atelier eröffnet.

Der russische Schauspieler Vladislav Grakovski hat im Stuttgarter Osten in der Stöckachstraße das Theater Atelier eröffnet.

Stuttgart - Tagsüber ein Modeatelier, abends ein Ort für die darstellende Kunst. Im Stuttgarter Osten hat Vladislav Grakovski das Theater Atelier eröffnet. Gespielt werden Werke der russischen Klassik, aber auch Stücke von Autoren anderer Sprache.

Vladislav Grakosvki brennt fürs Theater. Geboren ist der Sohn einer Lettin und eines Juden in Taschkent, hat nach eigenem Bekennen „ethnisch keinen einzigen Tropfen russisches Blut“ in den Adern und spricht doch mit unverkennbar russischem Akzent Deutsch. In Taschkent studierte er an der Staatlichen Theaterhochschule Regie und Schauspiel und leitete schon mit 20 Jahren ein eigenes Theaterstudio.

„Wir waren jung und wild und haben trotz Verbot auch in den Ruinen eines ehemaligen katholischen Klosters gespielt“, sagt Grakovski. Nach elf Jahren in Deutschland fand der Regisseur die Zeit gekommen, ein eigenes Theater zu bespielen. Die Stuttgarter Theaterfreunde kennen ihn von Aufführungen im Theater am Olgaeck oder von seiner Arbeit im früheren Kommunalen Kino Stuttgart.

Russische Kunst und Kultur weitergeben

Als ihm Tatiana Reiswich anbot, ihr Atelier auch als Theater zu nutzen, hat er nicht gezögert. Einen besseren Blickfang als die Kreationen der 33-jährigen Schneidermeisterin, Mode-Designerin und Theaterkostümbildnerin in den großen Erdgeschoss-Schaufenstern der Stöckachstraße kann sich der Theatermann nicht wünschen. Mag auch das eine oder andere Kostüm für Inszenierungen gebraucht werden – wenn am Abend der Vorhang fällt, werden die Schneiderpuppen unsichtbar. Dann gibt es „Was geschah im Zoo“ nach Edward Albee, „Mascha und der Bär“, ein Kindermärchen auf Russisch, „Der Drache“, ein Märchen für Erwachsene nach Jewgeni Schwarz, „Morgenkuss nach Ladenschluss“, ein Improvisationstheater aus Mainz, Filme und die Emigrantengeschichte „Der Koffer“. Einige Projekte des Theaters entstehen in der Zusammenarbeit mit Reiswich.

Die russische Kunst und Kultur hat Grakovsky geprägt, sie will er weitergeben. „Das deutsche Theater und seine Schauspieler sind sehr seriös“, sagt Grakovsky und bekennt dabei wie nebenbei, dass er auch „grelle Formen des Theaters“ liebt. Die Eröffnung des Theaters Atelier haben nicht nur der Bezirksbeirat Ost und die Stadt Stuttgart unterstützt. Es kamen auch Glückwünsche aus Russland und Berlin.

Unter anderem wünscht der Schriftsteller Wladimir Kaminer, „dass bald alle Schwaben ihre Herzen an die russische Theaterkunst verlieren“. Und Alexander Kaljagin, Vorsitzender der Vereinigung der Theaterschaffenden Russlands, ist sich sicher, „dass ein Theater aus Europa, das interkulturelle Werte predigt und seine Wurzeln nicht vergisst, die allerbesten Perspektiven hat“.

Am 23. November spielt der Schauspieler Till Florian Beyerbach Auszüge aus dem „Tagebuch eines Wahnsinnigen“ von Nikolaj Gogol. Beginn ist 20 Uhr (Theater Atelier, Stöckachstraße 55). www.theateratelier.eu