Timo John vom Schwäbischen Heimatbund auf dem Hoppenlaufriedhof in Stuttgart-Mitte Foto: Petsch

Stuttgarts ältester noch erhaltener Friedhof verfällt zusehens. Der Heimatbund sammelt Spenden.

Stuttgart - Zwischen den Gräbern huschen Eichhörnchen hin und her, davor blühen Schneeglöckchen. Spaziergänger genießen die Mittagssonne. Auf dem 1626 angelegten Hoppenlaufriedhof erwacht die Natur zu neuem Leben. Doch die Grabsteine aus Sandstein sind wie der Mensch der Endlichkeit ausgeliefert: Feuchtigkeit, Wind und Kälte lassen sie zerbröseln. Die Verzierungen brechen ab. Und viele Inschriften sind kaum noch zu entziffern. „Wenn nicht schnell etwas passiert, verfällt der Friedhof“, sagt Timo John und schüttelt den Kopf. Der promovierte Kunsthistoriker ist stellvertretender Vorsitzender der Stuttgarter Ortsgruppe des Schwäbischen Heimatbunds und kann nicht verstehen, dass die Stadt kein Geld in die Hand nimmt, um den Ort und mit ihm das Andenken an die vielen Geistesgrößen wach zu halten, die auf dem Friedhof begraben liegen. John und seine Mitstreiter hoffen, dass es ihnen gelingt, mit Spendenaktionen rund eine Million Euro für die Sanierung des Friedhofs zusammenzubringen. „Pro Grabstein sind etwa 800 Euro nötig“, meint John und ist optimistisch. Denn schließlich sei auch die Lusthausruine im Schlossgarten durch bürgerliches Engagement gerettet worden.

Für die Besucher ist der Gang über den Hoppenlaufriedhof wie ein Ausflug in die Geschichte. „Die Namen auf den Grabsteinen und gusseisernen Kreuzen lesen sich wie das Who is who einer ganzen Epoche“, schwärm t John und streicht ehrfürchtig über einen von Wind und Wetter angenagten Grabstein: „Du unvergesslich Theurer /Schlaf in des Himmels Ruh’ / Dort bist geboren Du“, lautet die kaum lesbare Inschrift. Sie erinnert an den „königlichen Hofmusikus“ Christian Heinrich Hehl (1776–1837).

Bekanntere Namen auf dem Friedhof sind zum Beispiel der Dichter Wilhelm Hauff (1802– 1827), der Märchen wie „Das steinerne Herz“ verfasste, der Erbauer der Wilhelma, Karl Ludwig von Zanth (1796–1857), der Luftschiffkonstrukteur Ferdinand Graf von Zeppelin (1811–1863), Gustav Schwab (1792–1850), der mit seinen „Sagen des klassischen Altertums“ einen noch heute gelesenen Bestseller geschrieben hat, und der systemkritische Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791), der wegen seiner Obrigkeitsschelte zehn Jahre auf dem Hohenasperg gefangen gehalten wurde.

Wege zur Rettung des Kleinods

Die Liste der illustren Persönlichkeiten, die auf dem Hoppenlaufriedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, ließe sich beliebig verlängern. Schätzungsweise wurden dort 7000 Menschen bestattet. Rund 1400 Grabmale stehen noch. Und auch der Bereich mit dem ersten jüdischen Friedhof Württembergs ist noch vorhanden. Die letzte Erdbestattung auf dem etwa drei Hektar großen Areal war 1880, die letzte Urnenbestattung war 1951.

Dass die Stuttgarter Gruppe des Schwäbischen Heimatbunds jetzt aktiv wird, hängt damit zusammen, dass der Gemeinderat im Doppelhaushalt 2012/13 kein Geld zur Rettung des Hoppenlaufriedhofs bereitgestellt hat. Die SPD-Stadträte hatten zwar 100.000 Euro beantragt, um ein Sanierungskonzept erstellen und die marodesten Steine restaurieren zu lassen. „Das wurde mit großer Mehrheit und dem Argument abgelehnt, dass dafür auch später noch Zeit sei“, sagt SPD-Stadträtin Monika Wüst. Nun beantragt ihre Fraktion, dass das für den Friedhof zuständige Garten-, Friedhofs- und Forstamt 20.000 Euro aus seinem Budget einsetzt, um zumindest die Machbarkeit einer Schadensanalyse zu prüfen.

Dass Handlungsbedarf besteht, räumt auch das Garten-, Friedhofs- und Forstamt ein. Denn letztmals saniert wurde der Friedhof Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre. Einen Teil des nötigen Betrags, rund 100.000 Euro, hat der 1984 verstorbene Franz Karl Maier der Stadt vermacht. Er war zunächst Mitherausgeber der „Stuttgarter Zeitung“, zog dann nach Berlin und wurde dort Herausgeber des „Tagesspiegels“. Beigesetzt wurde er allerdings auf dem Pragfriedhof. Denn mit der letzten Urnenbestattung 1951 wurde der Betrieb auf dem Hoppenlaufriedhof eingestellt .

Volker Schirner, der Leiter des städtischen Garten-, Friedhof- und Forstamts, stellt fest, dass eine Sanierung nicht nur die Grabsteine, sondern auch das Wegennetz umfassen müsse. Er schätzt die Gesamtkosten dafür auf rund 800.000 Euro. Da die von der SPD beantragten 20.000 Euro für eine bloße Schadensanalyse bereits verplant sind, wollen er und seine Mitarbeiter über „andere Wege“ zur Rettung des Kleinods, das unter besonderem Denkmals chutz steht, nachdenken.