Tobias Sauter belegte beim Stuttgart-Lauf 2012 den zweiten Platz Foto: Baumann

Vor fünf Jahren zählte Tobias Sauter zur internationalen Marathon-Elite, dann wurde er weit zurückgeworfen. Nun will der Leonberger beim Stuttgart-Lauf noch einmal beweisen, was er draufhat.

Vor fünf Jahren zählte Tobias Sauter zur internationalen Marathon-Elite, dann wurde er weit zurückgeworfen. Nun will der Leonberger beim Stuttgart-Lauf noch einmal beweisen, was er draufhat.

Stuttgart - 82 Kilogramm! Eine Katastrophe! 82 Kilogramm bei einer Körpergröße von 181 Zentimetern, das geht für einen Marathonläufer gar nicht. Das dachte sich Tobias Sauter im Herbst 2013. „Ich fühlte mich dermaßen aufgeschwemmt, schrecklich", erzählt der Mann aus Leonberg, der 2009 immerhin bei der Leichtathletik-WM in Berlin über die 42,2 Kilometer gestartet war.

Damals lag sein Gewicht im niedrigen 60er-Bereich und er galt als deutsche Hoffnung. Doch sein Körper machte ihm einen Strich durch die Rechnung, zahlreiche Verletzungen bremsten seinen Laufdrang – und irgendwann spielte nach der x-ten Zwangspause auch der Kopf nicht mehr mit. Der heute 30-Jährige lag auf der faulen Haut, konnte sich nicht mehr motivieren und fraß sich Kummerspeck an. Doch dann, urplötzlich im Herbst vergangenen Jahres, wachte Tobias Sauter aus diesem bösen Traum auf – und machte kehrt auf diesem Irrweg.

„Auf diese Art wollte ich meine Karriere nicht beenden, also setzte ich mir ein Ziel", sagt der Ausdauersportler, „15 Kilo in drei Monaten müssen weg.“ Als Internet-affiner Mensch teilte er diese Absicht der Facebook-Gemeinde mit, richtete einen Blog ein und stellte ein Video auf Youtube ins Netz. Auch mit dem Hintergedanken, sich über die virtuelle Öffentlichkeit selbst unter Druck zu setzen. „Ich habe meine Ernährung umgestellt", betont der Leonberger, „15 Kilo machst du nicht runter, indem du lediglich täglich läufst.“

Kurz nach der Jahreswende hatte Tobias Sauter auch die persönliche Wende geschafft. Der Zeiger der Waage blieb bei „65“ stehen; und die Belohnung – abgesehen vom positiven Körpergefühl – ließ nicht lange auf sich warten. Sein Verein Haspa Marathon Hamburg spendierte ihm ein vierwöchiges Trainingslager in Kenia. „Es tat so gut“, erzählt Sauter, „ich wusste gar nicht mehr, wie gut Laufen tun kann. Das hat mir einen Schub gegeben.“ Der Marathon-Mann Tobias Sauter lebte wieder, und an diesem Sonntag möchte er sich beim Stuttgart-Lauf im Halbmarathon auf den Prüfstand stellen. „Ich denke, aufs Podium sollte ich kommen", sagt der Lokalmatador, der in seinem ehemaligen Trainingspartner Falk Cierpinski den heißesten Siegfavoriten sieht.

Falls die Redewendung stimmt, wonach eine misslungene Generalprobe eine rauschende Aufführung verspricht, hat der 30-Jährige gute Karten. Denn beim Marathon in Mannheim passierte etwas, das ein Langstreckler so fürchtet wie ein Afrika-Forscher im 19. Jahrhundert: die Orientierungslosigkeit. Sauter lief in der Verfolgergruppe hinter einigen Äthiopiern, als die an einer Kreuzung falsch geleitet wurden. Sauters Gruppe wurde hinterher gelotst, doch nach einer Brücke schickte sie ein Streckenposten zurück. Der hatte nicht mitbekommen, dass der Veranstalter die Strecke kurzerhand dem Laufweg der Äthiopier angepasst hatte. „Wir wurden hin und hergeschickt, dann brachen wir ab, es hatte keinen Sinn mehr", sagt Tobias Sauter.

Er war verärgert, nicht nur aus sportlicher Sicht, er fühlte sich auch finanziell verschaukelt. Er hatte sich eine Prämie ausgerechnet, von der hätte er einen Teil eines Trainingslager finanziert. „So ein Tohuwabohu wird in Stuttgart nicht vorkommen, da bin ich mir sicher“, sagt er.

Just solche Unwägbarkeiten hemmen seine Motivation, noch einmal richtig anzugreifen. Im Leistungssport ist Planung ein Erfolgskriterium, doch Tobias Sauter weiß nicht, wie er eine Spitzenkarriere finanzieren soll – aufgrund seiner langen Verletzungszeit und folglich wenig vorzeigbaren Ergebnissen, versiegen die Geldquellen der Sponsoren nach und nach. „Wenn ich Planungssicherheit hätte“, betont er, „könnte ich mich schon dafür begeistern, mich für Olympia 2016 zu quälen. Aber so ist eine gezielte Vorbereitung nicht möglich." Also wird der Leonberger bis in den Herbst noch bei einigen bedeutenden Läufen starten, er wird seine Masterarbeit im Sportmanagement schreiben – und dann beginnt für ihn wahrscheinlich ein neuer Lebensabschnitt. Eines aber dürfte sicher sein: Das Gewicht sollte so um die 65 Kilogramm pendeln.