Auf dem Gleisfeld vor dem Hauptbahnhof werden die Weichen verlegt, nicht gestellt. Foto: Deutsche Bahn

Am Freitag soll die Schlichtung in Schwung kommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Stuttgart - Die Spannung wächst. Am Freitag soll das Schlichtungsverfahren um das Bahnprojekt Stuttgart 21 so richtig in Schwung kommen, nachdem sich Befürworter und Gegner am vergangenen Freitag auf die Teilnahme verständigt haben. Viele Fragen sind aber noch offen.

Steht der Ablauf der Schlichtungsveranstaltung schon fest?

Bisher ist geplant, dass sich Gegner und Befürworter des Projekts um 9.30 Uhr zusammenfinden, um die Leistungsfähigkeit des geplanten Bahnknotens Stuttgart und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zu debattieren. Eine geringfügige Terminänderung sei aber noch möglich, sagt Lothar Frick, Büroleiter des Schlichters Heiner Geißler.

Wo findet die Verhandlung statt, und wie kann man sie miterleben?

Der Ort der Handlung wird der Mittlere Sitzungssaal im Rathaus sein, der aber den Akteuren vorbehalten ist. Die Veranstaltung wird in den Großen Sitzungssaal übertragen. Dort könnten wegen feuerpolizeilicher Auflagen maximal 400 Besucher zugelassen werden. Das hält die Stadtverwaltung jedoch für ausreichend, weil die Sitzung höchstwahrscheinlich im Internet und im Fernsehen live übertragen werde. Peter Boudgoust, Intendant des Südwestrundfunks, hat Geißler am Montag die Live-Übertragung im Fernsehprogramm SWR3 zwischen 9 und 15 Uhr in Aussicht gestellt. Ein Live-Stream im Internet könne über die Internet-Seite SWR.de verlinkt werden. Darüber hinaus werde in SWR-Programmen mit Zusammenfassungen wie üblich berichtet.

Bergen die Übertragungen nicht die Gefahr von Fensterreden und Polemik?

Diese Gefahr, sagen die Beteiligten, sei nicht von der Hand zu weisen. Der Wunsch nach Transparenz des Verfahrens sei aber von vielen Beteiligten höher angesiedelt worden als die Furcht vor Fensterreden. Ins Gespräch gebracht wurden die Übertragungen von dem Projektgegner Hannes Rockenbauch (SÖS/Linke), von seinen Bündnispartnern sind aber nicht alle glücklich darüber.

Wen schicken Befürworter und Gegner in die erste richtige Schlichtungsrunde?

Details wie dieses sollen frühestens in einer kleinen Arbeitsgruppe am heutigen Dienstagnachmittag besprochen werden. Die beiden Lager wollen dafür je zwei bis drei Vertreter entsenden. Viel spricht dafür, dass die Teilnehmerrunde am Freitag ähnlich prominent sein wird wie letzte Woche, als je sieben Repräsentanten an den Beratungstisch kamen, darunter Ministerpräsident Stefan Mappus, Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner, Regionalpräsident Thomas Bopp und OB Wolfgang Schuster für die Befürworter sowie die Grünen-Politiker Winfried Kretschmann und Werner Wölfle, Hannes Rockenbauch (Gemeinderatsfraktion SÖS/Linke), Gangolf Stocker (Bürgerinitiative Kein Stuttgart 21) und Brigitte Dahlbender (Bund für Umwelt und Naturschutz) für das andere Lager. Da die aktiven Parkschützer das Schlichtungsverfahren ablehnen, sollen die Gegner eine Ersatzperson für Fritz Mielert benennen. In der Landesregierung stellt man sich auf den Standpunkt, dass Heiner Geißler als Herr des Verfahrens seine Vorstellungen für den Teilnehmerkreis von Fall zu Fall äußern sollte. Grundsätzlich sollen Akteure vom vergangenen Freitag aber vertreten werden können.

Geißler wird ein Resümee ziehen müssen

In welchem Rhythmus will man tagen?

Schlichter Geißler deutete an, man werde möglicherweise zweimal pro Woche tagen, da man bis zum letzten Wochenende im November zu Ende kommen möchte. Das deckt sich in etwa mit dem Vorschlag, den Geißlers Büroleiter am Wochenende unterbreitete. Ob von kommender Woche an wirklich zweimal pro Woche geschlichtet wird, soll heute auch die Arbeitsgruppe erörtern. Die Gegner tun sich mit der raschen Abfolge schwer, weil man zur Vorbereitung nicht über einen großen Apparat verfüge, die eigentliche Arbeit aber in der Vorbereitung vor den Treffen liege, meint Werner Wölfle. Eine Talkshow, bei der man nur die bisher verwendeten Argumente und Zahlen austausche, wäre ihm zu wenig.

Welche Folgen könnten die Schlichtungsrunden haben?

Geißler äußerte vergangenen Freitag die Erwartung, dass man nach der Klärung von Fakten möglichst zu einer gemeinsamen Bewertung kommt. Noch ist unklar, wann dies versucht wird. Spontan nach der jeweiligen Sitzung? Dann werde das Ergebnis vielleicht sehr flach, wendet Wölfle ein. Man könne sich überlegen, die Bewertung jeweils zu Beginn der nachfolgenden Sitzung vorzunehmen, wenn man das Ende des Schlichtungsverfahrens nicht durch gesammelte Bewertungsrunden überfrachten will.

Wie viel Einigkeit kann es geben?

Ein Ergebnis wie bei einer Schlichtung im Tarifstreit, bei dem man sich irgendwo zwischen den anfänglichen Forderungen beider Seiten trifft, ist hier nicht denkbar. "Ein Kompromiss wird nicht rauskommen", sagt Geißlers Büroleiter. Weil es Emotionen herausnehme und man wieder mehr die Fakten in den Blick nehme, sei das Schlichtungsverfahren an und für sich aber schon ein Gewinn. Regionalpräsident Thomas Bopp sieht es ähnlich: Zwischen einem oberirdischen Kopf- und einem unterirdischen Tiefbahnhof gebe es einfach keine Kompromissmöglichkeit. Dort, wo es nicht um ideologische Positionen gehe, sondern um Technik und Mathematik, hält er immerhin eine einheitliche Bewertung in der Sache für möglich.

Was wird Geißler am Ende vorschlagen?

Der Schlichter hat angekündigt, dass es bei diesem "Sach- und Fachschlichtungsverfahren" keinen Schlichterspruch wie bei anderen Verfahren gebe. Dennoch wird Geißler ein Resümee ziehen müssen. Noch weiß niemand, wie es aussehen könnte. Zurzeit wisse man nicht, ob das Verfahren funktioniere, räumt Geißlers Büroleiter ein: "Wir machen etwas Neues, für die Schlichtung über ein Großprojekt gibt es kein Schema F."