Experte Roland Ostertag : Bahn-Neubaustrecke nach Ulm droht Kostenexplosion.
Stuttgart - Die Mutmaßungen über die Kosten der ICE-Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gehen weiter. Dass die Trasse über die Alb nur 2,025 Milliarden Euro kosten könnte wie 2004 errechnet, gilt schon länger als unwahrscheinlich.
Am Freitag nun legten die Gegner des Projekts Stuttgart21 die Latte ganz hoch: Der Schienenbau mit Tunnelstrecken im schwierigen Karst-Untergrund werde 5,676 Milliarden Euro kosten, im günstigeren Fall 5,2 Milliarden. Damit bestehe eine Finanzierungslücke von drei bis vier Milliarden Euro. Unter 3,496 Milliarden Euro Baukosten bis zum Jahr 2025 gehe ganz sicher nichts, erklärten Roland Ostertag, Gerhard Pfeifer und Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21.
Die Minimalsumme ergebe sich, wenn man die schon 2004 unrealistische Summe um jährliche Preissteigerungen von 3,5 bis fünf Prozent korrigiere, sagte der Architekt Ostertag. Auf die "konservativ gerechnete" Höchstsumme komme man, wenn man wie der Bundesrechnungshof eine 60-prozentige Kostensteigerung annehme und die weiteren Preissteigerungen berücksichtige.
Legte man nur ein Plus von 50 Prozent zugrunde, würden sich immer noch 5,2 Milliarden Euro ergeben, erklärten die Stuttgart-21-Gegner. Sie setzten auch voraus, dass die Strecke mit sechs Jahren Verspätung 2025 fertig wird. Zuschläge für weitere Verzögerungen und Baurisiken seien nicht enthalten.
2008 hatten die Stuttgart-21-Gegner schon vorausgesagt, dass der Bahnknoten Stuttgart mit neuem Tiefbahnhof, Flughafenbahnhof und Gleisen bis Wendlingen rund 7,5 bis 8,3 Milliarden Euro kosten werde. Mit der neuen Warnung wollen sie den Druck auf Bahn AG und Bund aufrecht erhalten, damit sie aktualisierte Berechnungen auch für die Trasse nach Ulm vorlegen.
Die Stunde der Wahrheit werde offenbar hinausgeschoben, bis auf Hochtouren am Bahnknoten gebaut werde. Dann werde es heißen, die Stuttgart-21-Gleise würden in Wendlingen enden, sollte die Neubaustrecke nicht gebaut werden. Das Projekt sei aber angesichts der Finanzierungslücke und der Haushaltslage bei Bund und Land nicht mehr zu bezahlen, die Pläne seien zudem veraltet, meinen die Gegner. Wenn der Verkehrsminister realistischere Zahlen vorlege, komme er am Ausstieg nicht vorbei. Damit dann nicht wirklich Gleise ins Nichts führen, müssten alle Arbeiten ruhen.