Das einst denkmalgeschützte Haus der IHK an der Stuttgarter Jägerstraße weicht einem Stuttgart-21-Tunnel Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Bahn ändert bei ihrem Projekt Stuttgart 21 erneut Pläne: Der Tunnel vom Hauptbahnhof nach Untertürkheim soll tiefer gelegt werden. Die Bauarbeiter stehen unmittelbar vor dem Tunnelanstich. Erneut hält damit die Planung nicht mit dem Bau Schritt.

Stuttgart - Vor fast acht Jahren hat das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) beim Projekt Stuttgart 21 den Tunnelbau vom Hauptbahnhof nach Ober- und Untertürkheim genehmigt. Nun soll die Lage der Röhren geändert werden. Von den 8,5 Kilometern Strecke verlaufen 5751 Meter unter dem Stuttgarter Osten und Wagen in zwei je eingleisigen Tunneln. Je näher diese dem Neckar kommen, desto kniffliger wird der Bau, denn er liegt im Grundwasser, und direkt unter dem Neckar verzweigen sich die Röhren nach Ober- und Untertürkheim.

Unter dem Fluss entstehen damit zwei Röhren direkt übereinander. Der First der oberen liegt nur acht Meter unter der Flusssohle. Nun soll die Strecke auf 3566 Metern Länge vier Meter tiefer gelegt werden. Grund ist der starke Wasserandrang, der sich beim Bau eines Schachtes an der Ulmer Straße in Wangen und des kurzen Baustollens, der bis zum eigentlichen Bahntunnel führt, einstellte.

Die Genehmigungsbehörde Eba sieht den Änderungsantrag vom 8. Dezember 2014 offenbar mit Wohlwollen. Zwar verringere sich durch die Tieferlegung der Abstand zwischen Tunnelsohle und den mineralwasserführenden Schichten des oberen Muschelkalks, insgesamt sei die Tieferlegung aus wasserwirtschaftlicher Sicht aber „als positiv zu bewerten“. Außerdem „verringern sich die vortriebsbedingten Setzungen an der Geländeoberfläche gegenüber den ursprünglich erwarteten“, so das Eba.

Die Änderung ist noch nicht genehmigt. Da sich bei alten und neuen Plänen Tunnelfirst (neu) und Tunnelsohle (alt) überschneiden, könne zumindest die Kalotte, das ist das obere Drittel des Tunnelquerschnitts, gebaut werden, sagt ein Sprecher des Stuttgart-21-Projektbüros. Der Zugangsstollen sei fertig und schon vier Meter tiefer gelegt worden. Die Baufirmen stünden „unmittelbar vor dem Baubeginn für die eigentlichen Tunnel“. Nach dem Wassereinbruch agieren sie vorsichtig: Um die geologischen Verhältnisse im Blick zu behalten, sollen dem Tunnelbau nach den ersten Überraschungen nun Erkundungsbohrungen vorausgehen.

Zwar können die Bauarbeiter einige Meter der Kalotte abgraben, weil für den Rest aber die Genehmigung fehlt, könnte ihnen aber schon bald die Arbeit ausgehen. Es wäre nicht der erste Stillstand bei Stuttgart 21.

Mehrfach haben die Bauarbeiten die Planung überholt und mussten deshalb gebremst werden. Beispiele: Aktuell muss im Schlossgarten mit angezogener Handbremse gearbeitet werden, weil eine Genehmigung für die Gründung zusätzlicher Treppenhäuser für den Tiefbahnhof fehlt. Als im November 2013 der Fildertunnel in der Stadtmitte begonnen wurde, mussten die Firmen (das gleiche Konsortium wie für den Tunnel nach Untertürkheim) ihre Arbeit nach 15 Tagen einstellen, weil die Bahn versäumt hatte, sich eine Genehmigung zur Unterfahrung der Bürohauses der Landeswasserversorgung zu besorgen. Und bereits im September 2012 musste die fertige Bohrmaschine für den Fildertunnel ein Jahr lang eingelagert werden, weil die Bahn zu jenem Zeitpunkt gar keine Genehmigung für den Bau mit einer Bohrmaschine hatte.

Auch beim Tunnelbau vom Hauptbahnhof Richtung Feuerbach gab es Probleme. Die Verhandlungen über den Abriss der alten IHK-Zentrale, durch den der Tunnelbau einfacher vollzogen werden kann, zogen sich über ein Jahr hin. Das Gebäude soll bis in fünf Wochen entfernt sein, teilte die Bahn am Mittwoch mit. Im Mai werde dann die 50 Meter breite und am Weinberg etwa 20 Meter tiefe Baugrube fertiggestellt sein. Die Baumaßnahme, so die Bahn, „liegt im Zeitplan“.