Beim Spitzengespräch am Freitag in Berlin haben sich die Partner des Projekts Stuttgart 21 grundsätzlich auf geänderte Pläne für den Flughafenanschluss geeinigt. Für den Fern- und Regionalverkehr der Gäubahn soll ein eigener Halt gebaut werden, um Konflikte mit der S-Bahn zu vermeiden.
Stuttgart - Die Bahn wird ihre Pläne für den Anschluss des Landesflughafens an die Gäubahn mit einem Zusatzgleis und Haltepunkt an den Terminals ändern, die bestehende S-Bahn-Station bleibt erhalten. Außerdem wird der für Stuttgart 21 geplante Gäubahn-Abzweig bei Rohr an einer weiteren Stelle kreuzungsfrei. Auf diesen 80 Millionen Euro teuren Kompromiss zur Entschärfung von Engstellen haben sich die Projektpartner am Freitag geeinigt. Es wurden Prüfaufträge vergeben, die Bahn soll eine Fahrplansimulation vorlegen. Die Auswirkungen auf den Zeitplan des Projekts sind unklar. Die scharf kritisierten bisherigen Pläne sind im Genehmigungsverfahren.
„Ich bin zufrieden, wir haben die Weiche gerade noch rechtzeitig umgestellt und sind jetzt alle in der gleichen Richtung unterwegs“, kommentierte Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) die zweieinhalbstündigen Verhandlungen im Berliner Bahntower. Der Einsatz für einen stabilen S-Bahn-Verkehr habe sich gelohnt. Die Unterschriften unter einen Finanzierungsvertrag sollen nach dem turnusgemäß für den 20. April angesetzten Stuttgart-21-Lenkungskreis geleistet werden.
Die Region werde mit zahlen, wenn wie besprochen Anschlussstücke für eine spätere Schienenverbindung vom Flughafen ins Neckartal schon jetzt in Beton gegossen würden, sagt Bopp. Dazu habe Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer finanzielle Vorstellungen. „Ich habe gesagt, was wir tun können“, so Bopp. Man wolle bis in sechs Wochen einig werden.
Die Bahn wollte bisher Züge der Gäubahn durch Leinfelden-Echterdingen in die auf ein S-Bahn-Gleis reduzierte S-Bahn-Station am Airport fahren. Nun wird es einen eingleisigen Haltepunkt extra für die Gäubahnzüge direkt neben der Station geben. Die auch kritisierte Doppelnutzung der Strecke bleibt aber bestehen.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der an der Seite von Bopp und Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) verhandelte, hatte sich vor dem Treffen ultimativ auf die jetzt gefundene Variante mit dem dritten Gleis an den Terminals festgelegt. Außerdem werde man „zeitnah“ einen Regionalbahnhalt für die Gäubahn in Vaihingen schaffen und einen geplanten Tunnel nur für S-Bahnen bei Vaihingen als Anschluss zur Gäubahn-Panoramastrecke in Stuttgart so bauen, dass auch Doppelstockwagen durchpassen. Das Land wird diese Kosten von bis zu 15 Millionen Euro allein tragen.
„Die Verhandlungen waren hart, wir haben jetzt ein Paket“, sagt Hermann. Die Einigung berührt laut Hermann den Stuttgart-21-Finanzierungsvertrag nicht. „Dessen Kostendeckel gilt“, so der Minister. Das Gesamtprojekt mit Tiefbahnhof und 60 Kilometer Strecke ist mit 6,5 Milliarden Euro veranschlagt. Die ersten Züge sollen im Dezember 2021 fahren.
Seinen Anteil an den 80 Millionen Euro Mehrkosten am Flughafen will das Land über die Bestellung zusätzlicher Züge leisten. „Das gilt aber nur für die Gäubahn, auf ihr wird es dann einen Halbstundentakt geben“, sagt Hermann.
Eckart Fricke, der scheidende Bahn-Konzernbevollmächtigte für Baden-Württemberg, sagte am Freitag, es sei die Frage, „ob man mehr Verkehr auf der Gäubahn oder vielleicht an anderer Stelle braucht“. Ein Halbstundentakt könne voraussichtlich von Stuttgart bis Horb gefahren werden. Die „kreative Finanzierungslösung“ sei nicht neu. Auch an der Elektrifizierung der Südbahn beteilige sich das Land dadurch, dass es mehr Verkehr bestelle. „Das ist ein tragfähiges Modell“, so Fricke. Die Einnahmen aus Trassen- und Stationspreisen fließen der Bahn zu – auch wenn Konkurrenz fährt.
Die Grünen im Landtag hatten einen Barzuschuss an die Bahn für Stuttgart 21 abgelehnt. „Wir wollen keine weiteren direkten Zahlungen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz am Freitag auf Anfrage. Im Koalitionsvertrag habe man aber vereinbart, ab 2025 weitere Züge auf die Gleise zu bringen, „und zwar egal, von welchem Betreiber“, so Schwarz. Er sieht in Zusatzzügen kein Problem: „Das nützt den Fahrgästen, das ist die klassische Win-win-Situation“. Der Landtag werde über die Bestellungen nicht entscheiden, sie seien Sache des Ministeriums, und dem stünden dafür pro Jahr 700 Millionen Euro zur Verfügung.