Foto: Max Kovalenko

Vor dem Nordeingang des Hauptbahnhofs entsteht im Untergrund ein neues Gebäude. In ihm soll die Bahntechnik für Teile des Kopf-, vor allem aber für den neuen Tiefbahnhof Platz finden. Dennoch erwägt die Bahn, ihre altes Stellwerk am Park zu erhalten.

Stuttgart - Auf 1800 Quadratmetern und zwei Stockwerken will die Bahn künftig alle technischen Einrichtungen für ihren neuen Hauptbahnhof unterbringen. Nach der Insolvenz der Baufirma und einer Neuorganisation entsteht am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz ein 16 000 Kubikmeter fassender Zweckbau. Stromversorgung, Telekommunikation, Heizung, Lüftung, sowie die Leit- und Sicherungstechnik für die S-Bahn-Station im Hauptbahnhof und den neuen Durchgangsbahnhof sollen dort Platz finden. Auch Teile des alten Bonatz-Kopfbahnhofs sollen künftig aus den zwei Kellergeschossen heraus versorgt werden. So steht es auf der Stuttgart-21-Internetseite der Bahn.

Wenn die Stuttgart-21-Infrastruktur laut Plan Ende 2020 in Betrieb geht, würden die alten Gleisanlagen dem Wohnungsbau weichen, statt der heutigen hohen Mauer würde vom Wohngebiet aus ein sanfter Übergang zum Park gestaltet. So zumindest sehen es die Pläne der Stadt vor. Sie hat alle Bahnflächen bereits vor Jahren gekauft und bezahlt.

Abriss des Stellwerks ist trotz des Neubaus keinesfalls beschlossene Sache

Zu den alten Anlagen zählt auch das 1977 errichtete Stellwerk, das zwischen dem Bahnsteiggleis Nummer 16 und der Straße am Schlossgarten mit seiner dunkelbraunen Fassade mächtig aufragt. Der Abriss des Stellwerks ist trotz des Neubaus keinesfalls beschlossene Sache.

Die Weiternutzung des vorhandenen Stellwerks an Gleis 16 sei „Bestandteil einer möglichen Planungsvariante zur Unterbringung der erforderlichen Leit- und Sicherungstechnik für die S-Bahn“, teilt das Stuttgart-21-Kommunikationsbüro unserer Zeitung auf Anfrage mit. Änderungen am Bestand wolle man grundsätzlich nur dann vornehmen, „wenn dies aus betrieblichen bzw. aus technischen Gründen zur Herstellung des Endzustandes erforderlich ist“. Die alte Relais-Technik für die S-Bahn ist schon heute im Stellwerk. Das alte Gebäude zu erhalten könnte wirtschaftlicher und technisch einfacher sein als die Funktionen in den Neubau zu verlegen. Der Erhalt des Altbaus sei eine mögliche Lösung, bis Mai 2013 wolle man die Prüfung abgeschlossen haben, heißt es bei der Bahn. Für die Leit- und Sicherungstechnik der S-Bahn seien bei Stuttgart 21 rund elf Millionen der rund 4,5 Milliarden Euro Gesamtbaukosten eingeplant.

„Das Stellwerk ist kein Industriedenkmal“

Die Stadt zeigte sich von der Variante Stellwerkerhalt überrascht. Der Abriss des alten Stellwerks galt mit dem Neubau des Technikgebäudes als lange beschlossene Sache. „Das Thema Stellwerk-Erhalt ist mir völlig neu“, sagt Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Das Gebäude stehe an der künftigen neuen Parkkante, und dort strebe man einen Übergang zum neuen Wohngebiet an. „Das Stellwerk ist kein Industriedenkmal, das man gerne stehen lässt. Ich halte das für keine gute Idee“, kommentiert Hahn die Bahnpläne. Noch will er aber den Stab nicht brechen. Man warte ab.

Der Verband Region Stuttgart (VRS), der für die S-Bahn verantwortlich zeichnet, verweist auf vertragliche Verpflichtungen der Bahn, den künftigen Schnellbahn-Betrieb sicherzustellen. „Die Bahn ist in der Verantwortung, den Betrieb zu gewährleisten“, so eine Sprecherin des Verbands. Man gehe davon aus, dass das heutige S-Bahn-Programm auch künftig gefahren werden könne, egal, wo das Stellwerk stehe.

Das heutige Stellwerk ging 1977 in Betrieb und basiert auf der zwar zuverlässigen, aber inzwischen veralteten Drucktastentechnik. Riesige Spurpläne an der Wand des obersten Stockwerks zeichnen die Gleise und Weichen nach. Rund 50 Mitarbeiter bedienen sie in drei Schichten. Alle weiteren Stockwerke des Stellwerks nehmen pure Technik auf. „Relais-Schaltgruppen wie in einer früheren Telefonvermittlung der Post“, sagt ein Bahn-Sprecher. Mit neuer Technik würden weichen am Computer per Mausklick gestellt.