Alexander Benz arbeitet seit zehn Jahren im Schlossgarten, sagt, er sei im Bereich der historischen Steine immer vorsichtig Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Gärtner der Wilhelma weisen die Kritik scharf zurück, sie würden beim Mähen im Mittleren Schlossgarten Steine der Lusthausruine beschädigen. Der Stuttgarter Architekt Roland Ostertag hält an dem Vorwurf fest.

Stuttgart - Roland Ostertag liegt die Lusthausruine sehr am Herzen. War der Architekt doch maßgeblich mit daran beteiligt, dass das Land als Eigentümerin der Ruine seine ursprünglichen Pläne fallen ließ: Die sahen vor, die Ruine „in Würde sterben zu lassen“. Das Engagement Ostertags und seiner Mitstreiter veranlasste die Landesregierung dann aber, die Ruine für 1,5 Millionen Euro wetterfest machen zu lassen. Die Ruine, einst Freitreppe am Neuen Lusthaus, ist das letzte Überbleibsel des prächtigen Renaissancebaus aus dem 16. Jahrhundert. Bevor sie 2010 konserviert worden ist, wurde kaum etwas für ihren Erhalt getan.

Nun ist Ostertag, der öfter nach der Ruine sieht, aufgefallen, dass nicht alle Steine und Säulen außerhalb der Treppenanlage gegen die Witterung imprägniert sind – und dass Gärtner der Wilhelma beim Mähen mit ihren Geräten an die brüchigen Steine stoßen und sie dadurch beschädigen. Ein Vorwurf, der die Gärtner tief in ihrer Ehre trifft und den sie nicht auf sich sitzen lassen wollen.

„Wir pflegen mit den Flächen bei der Solitude, der Grabkapelle, dem Rosensteinpark und dem Schlossgarten rund 340 Hektar des ehemaligen Kronguts“, sagt Micha Sonnenfroh und weist darauf hin, dass es seine Gärtner dort überall sowohl mit schützenswerter historischer Substanz wie Denkmälern und Skulpturen, aber auch mit altem Baumbestand zu tun haben. Sonnenfroh ist Fachbereichsleiter bei der Wilhelma und für die Pflege der landeseigenen Flächen zuständig. Dazu gehört seit den 1960er Jahren nicht nur das Krongut, also Flächen, die einst im Besitz des Königs waren, sondern alle landeseigenen Flächen.

Insgesamt 17 Wilhelma-Gärtner für Schlossgartenanlage zuständig

Für die Pflege der Schlossgartenanlage mit ihrer Länge von rund 4, 8 Kilometern, einer Breite zwischen 300 bis 500 Metern und 2500 Bäumen sind insgesamt 17 Wilhelma-Gärtner zuständig. „Nach Abschluss der erhaltenden Maßnahmen bei der Lusthausruine haben wir unsere Gärtner eigens auf die Bedeutung der historischen Steine hingewiesen und sie zur Achtsamkeit angehalten“, sagt Sonnenfroh. Vor den Erhaltungsmaßnahmen war die Ruine mit Sträuchern eingewachsen, so dass nicht gemäht, sondern nur die Sträucher zurück geschnitten werden mussten. Nach der Konservierung wurden die Sträucher durch eine Wiese ersetzt. Gemäht wird jetzt nach Wetter alle zwei bis vier Wochen – allerdings nur mit dem Handmäher. „Rund um die Säulen und Steine benutzen die Gärtner Freischneider, mit denen man problemlos um die Steine und Säulen fahren kann“, sagt Sonnenfroh.

„Dafür, dass meine Kollegen und ich nicht an die Steine stoßen, lege ich meine Hand ins Feuer“, versichert auch Alexander Benz. Seit zehn Jahren ist er einer der 17 Mann, die für die Schlossgartenanlagen zuständig sind. Dort steht außer der Ruine zum Beispiel auch die Eberhardsgruppe und der Grenadier-Löwe. „Würden wir da etwas beschädigen, gebe es sofort die gelben Beschwerdekarten erhalten. Aber das war noch nicht der Fall “, sagt Sonnenfroh, räumt aber ein, dass der Stein so marode ist, dass selbst durch ein Anstoßen mit dem Knie Stücke raus brechen könne – und das könne auch Spaziergängern passieren

Roland Ostertag bleibt dabei: Er habe selbst gesehen, dass, wenn auch nicht absichtlich, mit Mähgeräten an die Steine gestoßen wurde. Eine Beobachtung, die zwei Zeugen bestätigen könnten. Der Sachverhalt sei sogar bei einem Vortrag über die Hoch-Renaissance am Institut für Architekturgeschichte zur Sprache gekommen. Ostertag hofft, dass die Landesbaubehörde ihr Versprechen hält, und einen Gutachter prüfen lässt, wie die noch nicht konservierten Säulen und Kapitelle vor Kälte und Nässe geschützt werden können. Sein Vorschlag: Sie auf große Kieselsteinen zu stellen, damit die Feuchtigkeit nicht hoch steigt. „Darüber muss man nachdenken. Aber beobachtet wurden wir höchstens beim Mähen, nicht beim an die Steine Stoßen“, so Sonnenfroh.