Rundholz ist im Südwesten ein enormer Wirtschaftsfaktor Foto: dpa

Land und Kommunen sehen sich getäuscht: Eben noch schien eine Einigung mit dem Kartellamt zur Struktur der Waldwirtschaft in greifbarer Nähe, doch nun ist alles ganz anders.

Stuttgart - Der Versuch der Landesregierung, mit dem Bundeskartellamt eine wettbewerbsgerechte Reform der Holzvermarktung zu vereinbaren, ist gescheitert. Forstminister Alexander Bonde (Grüne) sagte am Montag, das Land habe seine Zusage zu einem bereits vereinbarten Kompromissmodell zurückgenommen, nachdem die Kartellbehörde „völlig unerwartet“ rechtliche Zweifel daran geäußert habe.

Dabei geht es um die Frage, wie stark sich das Land künftig noch bei der Holzbewirtschaftung für private und kommunale Eigentümer engagieren darf. Jahrzehntelang hatten die staatlichen Forstämter dieses Geschäft auch für andere Waldbesitzer erledigt – vom Auszeichnen der zu fällenden Bäume bis hin zum Rundholzverkauf. Doch nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde hat das Land damit die Preise diktiert und somit gegen das Kartellrecht verstoßen.

Monate lang haben Land und Kommunen nun an einem Alternativmodell gefeilt, das in der Bonner Behörde Gnade findet. Und bis vor kurzem sah es auch so aus, als sei ihnen das gelungen: Das sogenannte Staatswaldmodell sieht vor, die Vermarktung von staatlichem und privat-kommunalem Holz sauber zu trennen.

Allerdings sollten die Förster auch künftig im allgemeinen Auftrag durch den Wald streifen dürfen und entscheiden, welche Bäume gefällt werden – und das ist der eigentliche Streitpunkt. Solche staatlichen Dienstleistungen seien nämlich eine „spürbare Wettbewerbsbeschränkung“, heißt es in einem aktuellen Beschlussentwurf der Bonner Behörde.

Damit haben die Wettbewerbswächter die Waldbesitzer im Südwesten kalt erwischt, denn die gingen noch bis vor kurzem von einem Einverständnis des Kartellamts mit dem Reformmodell aus.

„Das Bundeskartellamt hat zwar die ausgehandelten Verpflichtungszusagen ursprünglich akzeptiert, bewertet diese jetzt aber völlig unerwartet in einem neuen Kontext“, sagte Bonde am Montag. Erst kurz vor Weihnachten habe man von dem Schwenk erfahren.

Zwar signalisierten die Wettbewerbswächter, dass man das Stuttgarter Modell notfalls akzeptieren könne, es sei rechtlich aber fragwürdig. Die Kartellwächter hätten jedenfalls davor gewarnt, dass die Konstruktion rechtlich anfechtbar sei, heißt es.

Mit dieser Unsicherheit will die baden-württembergische Seite nicht leben. Auch der Gemeindetag, der Städtetag und der Landkreistag pochten am Montag auf „ausreichende Rechtssicherheit“ und übten scharfe Kritik am Bundeskartellamt. Dass die Behörde „den mit dem Land gefundenen Kompromiss nun wieder aufkündigt“, sei nicht nachvollziehbar, erklärte etwa Städtetagspräsidentin Barbara Bosch.

Auch Bonde äußerte massive Kritik: „Ich finde, dass hier die Bundesebene gefragt ist, eine offenkundig völlig aus dem Ruder laufende Bundesbehörde wieder auf die Spur zu bringen.“ Letztlich bleibe dem Land keine Wahl als die Notbremse zu ziehen und die frühere Zusage zu dem Reformmodell zurückzuziehen.

In Bonn bedauerte man am Montag diese Entscheidung und betonte, die vom Land angebotenen Zusagen seien geeignet gewesen, die kartellrechtlichen Probleme zu lösen: „Unser Anhörungsschreiben vom Dezember des vergangenen Jahres enthielt insofern keine neuen Forderungen oder überraschenden rechtlichen Bewertungen“, erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, in einer Mitteilung.

Differenzen räumte Mundt freilich in der Frage ein, ob das Holzauszeichnen in kommunalen Wäldern eine hoheitliche Tätigkeit darstelle: „Im Gegensatz zum Land geht das Bundeskartellamt davon aus, dass die Durchführung dieser Tätigkeit der Waldbewirtschaftung ihrem Grunde nach wirtschaftliche Tätigkeiten sind.“ Soll heißen: Sie unterliegen dem Kartellrecht.

Ebendies bestreiten jedoch nicht nur Land und Kommunen, sondern auch die Naturschutzverbände: „Wald ist etwas Anderes als Dosenbier oder Wurstwaren“, sagte etwa der Nabu-Landesvorsitzende André Baumann. Das Auszeichnen der Bäume sei „das wichtigste Instrument des Waldbaus und damit des Waldnaturschutzes.“

Auch der CDU-Forstpolitiker Patrick Rapp meinte: „Das Kartellamt überspannt mit seinem Beschluss deutlich den Bogen.“ Allerdings warf er Bonde mangelnden Einsatz für eine gute Lösung vor. Der FDP-Abgeordnete Friedrich Bullinger warnte sogar vor einem Rechtsstreit mit dem Kartellamt. Es stelle sich die Frage, ob der Minister die Signale bisher richtig bewertet habe.

Bonde rechnet jetzt damit, dass die Behörde den gemeinsamen Holzverkauf förmlich untersagt. Das Land werde dann „erforderlichenfalls“ den Rechtsweg beschreiten. Dies hätte allerdings keine aufschiebende Wirkung. Land und Kommunen werden also zunächst eine Übergangslösung finden müssen und die beanstandete Zusammenarbeit zunächst beenden.