Die Fassade bei Breuninger glänzt – doch hinter den Kulissen spielt sich ein hässlicher Streit ab. Foto: Leif Piechowski

Blumers, Ex Stiftungs-Vorstand bei Breuninger, fordert Neustrukturierung - nach dem Modell von Bosch.

Stuttgart - Nach außen hin scheint alles exquisit zu sein bei der Stuttgarter Kaufhauskette Breuninger. Da werden vornehme Luxustaschen von Dolce & Gabbana und Miu Miu umschwärmt von mindestens ebenso edler Kundschaft. Wenn eine der Verkäuferinnen einmal nicht ebenso exquisit wirkt, wird sie beiseitegenommen. Dann hört sie Ratschläge, was sie an ihrem Erscheinungsbild ändern könnte, damit sie besser ins Bild passt. Die Fassade glänzt.

Hinter den Kulissen jedoch tobt ein weniger vornehmer Kampf. Es geht um die Anteile an der Kaufhauskette. Nun geht der Streit in die nächste Runde: Der Stuttgarter Anwalt Wolfgang Blumers fordert, dass die Kaufhauskette eine ganz neue Struktur erhält. Als Vorbild dient das Modell, das auch der Bosch-Gruppe ihren Rahmen gibt.

Der Vorschlag erscheint kühn, da Blumers gar nicht an Breuninger beteiligt ist und somit auch nichts zu sagen hat – so sieht die Lage zumindest aus der Perspektive der Mehrheitseigner aus. Dabei handelt es sich um Wienand Meilicke, langjähriger juristischer Berater und Testamentsvollstrecker des 1980 verstorbenen Firmeninhabers Heinz Breuninger, und Willem van Agtmael, den Breuninger vor seinem Tod als seinen Nachfolger in der Position als Geschäftsführer der Kette ausgewählt und aufgebaut hat.

2004 beschlossen die Vorstände, die Heinz- Breuninger-Stiftung aufzulösen und 80 Prozent an Breuninger selbst zu erwerben

Auf dem Papier besitzen Meilicke und van Agtmael heute je 40 Prozent am Unternehmen. Weitere 20 Prozent gehören den Familien Breitschneider und Seidel. Warum also sollten Meilicke und van Agtmael als Mehrheitseigentümer die Firmenstruktur nach den Vorstellungen von Blumers verändern?

Die Antwort von Wolfgang Blumers würde lauten: Weil er – Blumers – eben doch am Unternehmen beteiligt ist. Und zwar seit 2004, weil damals die Breuninger-Gruppe neu strukturiert wurde und darum die Anteile neu zu verteilen waren.

Bis dahin nämlich gehörte Breuninger einer Stiftung – der Heinz-Breuninger -Stiftung. Stiftungsvorstände waren neben Meilicke und van Agtmael der Jurist Blumers sowie Benno Stratmann und Theo Henselijn. 2004 beschlossen die Vorstände, die Heinz- Breuninger-Stiftung aufzulösen und 80 Prozent an Breuninger selbst zu erwerben. Experten bezeichnen diesen Schritt als seltsam, da die Männer doch das Vermächtnis von Heinz Breuninger verwalten – und es nicht selbst erwerben sollten.

Womöglich war dieses Gschmäckle der Grund, warum die Männer keine Verträge aufsetzten, als es um die Neuverteilung der Anteile ging – auch dann nicht, als sich abzeichnete, dass der ursprüngliche Plan der Vorstände nicht aufgehen würde. Dieser Plan sah vor, dass alle fünf Vorstände zu gleichen Teilen an dem 80-Prozent-Anteil beteiligt werden sollen – dass also jeder Vorstand 16 Prozent an Breuninger kauft.

Es widerspricht den Grundsätzen der Sozietät, dass ihre Anwälte sich bei Mandanten finanziell engagieren

Laut Meilicke und van Agtmael erkannten Stratmann und Henselijn bald, dass sie sich diese Investition finanziell nicht leisten können. Blumers dagegen sah sich in einem Interessenkonflikt. Er war damals Partner bei der Kanzlei Gleiss Lutz. Die Kanzlei wiederum zählte Breuninger zu ihren Kunden. Es widerspricht den Grundsätzen der Sozietät, dass ihre Anwälte sich bei Mandanten finanziell engagieren. Also konnte Blumers bei dem Deal auf keinen Fall als Käufer in Erscheinung treten. Intern allerdings, so die Version von Blumers, habe man folgende Vereinbarung getroffen: Alle fünf Vorstände werden als Erwerberkonsortium zu gleichen Teilen an Breuninger beteiligt; nach außen in Erscheinung treten als Erwerber jedoch nur Meilicke und van Agtmael. Sie sollen die Anteile ihrer Kollegen so lange verwalten, bis sich auch die restlichen Vorstände als Anteilseigner outen können. Dies sollte spätestens nach sieben Jahren, also 2011 der Fall sein. So weit die Vereinbarung aus der Sicht von Blumers.

2011 jedoch entbrannte ein Streit zwischen den Mehrheitseignern und Blumers. Das Ergebnis: Der Deal kam nicht zustande – und Blumers nicht zum Zug. Man habe sich nicht über die Konditionen einigen können, heißt es bei Meilicke und van Agtmael. Denn: „Blumers wollte seinen Anteil für umsonst.“ Diese Aussage ist der Knackpunkt des ganzen Streits. Denn sie erklärt, dass die Eigentümer und Blumers in einer zentralen Frage unterschiedliche Ansichten haben.

Laut Meilicke und van Agtmael nämlich gibt es keine juristisch einklagbare Vereinbarung aus dem Jahr 2004, aus der hervorgeht, dass die beiden nur nach außen hin als die einzigen beiden Erwerber auftreten und die Anteile der restlichen Vorstände bis 2011 lediglich treuhänderisch verwalten sollen.

Welche Partei recht bekommt, wird sich im September zeigen

Darum verlangten sie von Blumers 2011 einen Kaufpreis für seinen Anteil, der die Wertsteigerung der Kaufhauskette zwischen 2004 und 2011 berücksichtigte. Blumers meint, dass der Kaufpreis seines Anteils durch die Anteile an den Gewinnen, die in den vergangenen Jahren erwirtschaftet wurden, bereits gedeckt ist – und dass ihm diese Gewinnanteile aufgrund der Vereinbarung mit Meilicke und van Agtmael zustehen.

Welche Partei recht bekommt, wird sich im September zeigen. Dann nimmt sich das Landgericht des Falls an. Blumers hat nämlich im Dezember 2011 Klage gegen Meilicke und van Agtmael eingereicht.

Glaubt man Blumers, geht es ihm nicht darum, sich selbst zu bereichern, sondern darum, dem Vermächtnis von Heinz Breuninger gerecht zu werden. Seiner Meinung nach war es gegen Breuningers Wille, dass sich „sein eigener Testamentsvollstrecker, Architekt des Stiftungsmodells und langjähriger Berater mit dem noch von Heinz Breuninger eingestellten Alleingeschäftsführer zusammentat, um das ausgeklügelte, bislang auf fünf Schultern ruhende Beirats-konzept zu kippen und Breuninger damit zu seinem Privateigentum zu machen“.

Er schlägt darum als Wunschlösung des Streits ein Stiftungskonzept vor, bei dem die unternehmerischen und die gemeinnützigen Interessen voneinander getrennt sind – so wie beim Bosch-Modell. Dazu muss man wissen, dass bei der Konstruktion, die Breuninger für die Zeit nach seinem Tod gewählt hat und die bis 2004 Bestand hatte, auch die Gemeinnützigkeit eine Rolle spielte.

Unter Experten gilt der Kaufpreis als Freundschaftspreis

Bis 2004 war zwischen die bereits bekannte Heinz-Breuninger-Stiftung und die Kaufhauskette eine gemeinnützige Stiftung geschaltet: die Breuninger-Stiftung GmbH, für die Breuningers Alleinerbin Helga Breuninger zuständig ist und die Bildungsprojekte und bürgerschaftliches Engagement unterstützt. Deren Geschäftsanteile gehörten bis 2004 zu 100 Prozent der Heinz-Breuninger-Stiftung. Mit deren Aufhebung wurde Helga Breuninger Alleingesellschafterin. Anschließend verkaufte sie als Geschäftsführerin der Breuninger-Stiftung GmbH deren Breuninger-Anteile (80 Prozent) an van Agtmael und Meilicke.

Die Höhe des Kaufpreises kam bisher nicht ans Tageslicht. Laut geheimen Dokumenten, die unserer Zeitung vorliegen, betrug er etwa 41 Millionen Euro. Unter Experten gilt der Betrag als Freundschaftspreis.

Belohnt würden Stifter durch Spendenbescheinigung, die enorme Steuervorteile verspricht

Blumers schlägt nun vor, dass die ehemaligen Stiftungsvorstände ihre Beteiligung an Breuninger in eine neu zu gründende Heinz- Breuninger-Gedächtnis-Stiftung (Arbeitstitel) einbringen. Belohnt würden die Stifter durch eine Spendenbescheinigung, die enorme Steuervorteile verspricht. Hier steht die Bosch-Konstruktion Pate, bei der ebenfalls ein Großteil der Anteile einer Stiftung gehören, die Projekte in den Bereichen Kultur, Gesellschaft, Völkerverständigung, Gesundheit und Wissenschaft fördert.

Während die Unternehmensanteile zum größten Teil der Stiftung zufallen würden, läge das Stimmrecht aus diesen Anteilen – wie bei Bosch – in einer anderen Gesellschaft: einer Treuhand KG. Deren Anteile wiederum würden in Blumers Modell von den ehemaligen fünf Stiftungsvorständen gehalten. Die restlichen 20 Prozent blieben in diesem Konzept wie bisher bei der Rest-Familie Breuninger (Bretschneider/Seidel).

Bei der Gegenseite wird Blumers noch Überzeugungsarbeit leisten müssen. Dort fiel die Reaktion eher kühl aus.