In den nächsten Wochen bleiben die Gummistiefel im Trockenen: Der Streik der Erzieherinnen in städtischen Einrichtungen legt alles lahm Foto: dpa

Darf das Kind mit zum Arbeitsplatz? Müssen Eltern Urlaub nehmen, wenn die Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen streiken? Wann schließen die Kitas und wie lang? Wir geben Antworten auf Fragen, die sich rund um das Thema Streik stellen.

Stuttgart - Stuttgart - Die Bahn wird bestreikt, die Postmitarbeiter sind im Ausstand, und jetzt stehen auch noch Kindertagesstätten, Sozialdienste und Schülerhäuser vor der Schließung.

Warum geht es nach dem Warnstreik im April mit dem Arbeitskampf weiter?
Die Tarifpartner konnten sich bisher nicht auf einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst einigen. Deshalb waren Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen bis gestern Abend zur Urabstimmung für oder gegen einen unbefristeten Streik aufgerufen.
Wie ist die Abstimmung ausgefallen?
Das absolute Ergebnis wird erst im Lauf des heutigen Tages bekannt gegeben. Aus Gewerkschaftskreisen verlautete jedoch, dass die notwendige Dreiviertelmehrheit erreicht worden sein soll.
Wann beginnt der Streik?
Darüber entscheiden die Gewerkschaften am heutigen Mittwoch. Weil die neue Gewerkschaftsstrategie aber eine möglichst kurze Vorwarnzeit vorsieht, müssen die Eltern mutmaßlich schon von Freitag an mit geschlossenen Kitas rechnen. Der Ausstand der Mitarbeiterinnen könnte sich nach der Einschätzung von Gewerkschaftsvertretern bis zu den Pfingstferien hinziehen, die am 23. Mai beginnen.
Was fordern die Gewerkschaften?
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordern für alle Beschäftigten aus den Sozial- und Erziehungsdiensten der Kommunen eine Aufwertung der pädagogischen Berufe und eine höhere Eingruppierung in den Tarifverträgen. Umgerechnet bedeutet das für alle Beschäftigten etwa zehn Prozent mehr Gehalt.
Für wie viele Beschäftigte wird in den Tarifgesprächen mit den Vertretern der Kommunen um ein Ergebnis gerungen?
Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg gibt es landesweit 8600 Kindertageseinrichtungen mit 76 400 pädagogischen Fachkräften. In Stuttgart sind in 187 städtischen Kitas, in den 13 Stuttgarter Schülerhäuser und den städtischen Sozialdienststellen 3013 Beschäftigte angestellt, deren Tarifvertrag neu ausgehandelt werden soll und die zum Streik aufgerufen sind.
Bleiben all die genannten Einrichtungen während des Streiks geschlossen?
Das hängt in erster Linie von der Streikbereitschaft der Mitarbeiter ab. In Stuttgart war die Beteiligung an Streiks bisher immer sehr hoch. Deshalb waren fast alle Betreuungseinrichtungen geschlossen. Allerdings haben sich Arbeitnehmervertreter und Stadt bisher immer auf sogenannte Notdienstvereinbarungen geeinigt.
Welche Kitas bieten Notbetreuung an?
Darüber wird erst in den nächsten Tagen verhandelt.
Können Eltern ihre Kita-Kinder in den nächsten Tagen selbst betreuen?
Wo dieser Wunsch geäußert wurde, hat die Stadt bisher immer die Genehmigung erteilt und stellt dies auch für den aktuellen Streik in Aussicht.
Wie werden Eltern über Betreuungsmöglichkeiten während des Streiks informiert?
Die Stadtverwaltung macht in den Kitas Aushänge, sobald feststeht, wann der Streik beginnt und wie viele Mitarbeiter sich daran beteiligen.
Dürfen Eltern wegen Streiks zu Hause bleiben?
Nein, Eltern müssen einen Tag Urlaub nehmen oder auf Lohn verzichten. Wenn der Streik allerdings so kurzfristig angekündigt wird, dass Berufstätige nicht für einen alternativen Betreuungsplatz sorgen können, dürfen sie zu Hause bleiben. Unter bestimmten Voraussetzungen (persönlicher Hinderungsgrund, kurze Verhinderungsdauer, Schuldlosigkeit) droht dann laut § 616 Bürgerliches Gesetzbuch auch kein Lohnabzug.
Wer bezahlt Betreuungsalternativen?
Eltern müssen die Kosten selbst tragen. Finden sie keine Alternative, müssen berufstätige Eltern ihrer Aufsichtspflicht zu Hause nachkommen.
Darf das Kind mit zum Arbeitsplatz?
Bei den vergangenen Streiks hat Stuttgart den Beschäftigten erlaubt, ihre Kinder mit ins Büro zu nehmen. Anders bei den Müllwerkern oder in technischen Anlagen: Dort kann der Schutz der Kinder nicht gewährleistet werden.
Bekommen Kita-Eltern Gebühren erstattet?
Das hängt von der Kommune ab. Stuttgart hat beim zurückliegenden Streik die Gebühr für die bestreikten Tage erstattet.
Wann wird weiter verhandelt?
Nach fünf erfolglosen Verhandlungsrunden steht bis jetzt kein neuer Termin fest. Mit dem Streik wollen die Gewerkschaften die Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) zu einem neuen Angebot zwingen.
Liegt schon ein Angebot auf dem Tisch?
Die Arbeitgeber lehnen die höhere Vergütung für alle Beschäftigten im Erziehungs- und Sozialdienst ab, sind aber zu Gehaltsanhebungen bei Kita-Leiterinnen bereit.